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Politik: Bodo Hombach, SPD-Politiker und EU-Sonderkoordinator, im Gespräch

BODO HOMBACH (47) ist seit Juli EU-Koordinator des Balkan-Stabilitätspakts. Der SPD-Politiker war zuvor Kanzleramtsminister und verfasste das umstrittene Schröder-Blair-Papier.

BODO HOMBACH (47) ist seit Juli EU-Koordinator des Balkan-Stabilitätspakts. Der SPD-Politiker war zuvor Kanzleramtsminister und verfasste das umstrittene Schröder-Blair-Papier. Auf parteiinternen Druck ging er nach Brüssel. Zu innerparteilichen Themen wollte er sich nicht äußern. Mit ihm sprach Claudia Lepping.

Vor vier Monaten wurde in Sarajevo der Stabilitätspakt verabschiedet. Haben Sie den Eindruck, dass die Europäer die Risiken höher schätzen als die Chancen?

Die deutsche Wirtschaft ist noch zu zögerlich. Das entspricht nicht den Chancen in den meisten Ländern Südosteuropas. Dort gibt es eine marktwirtschaftliche Gesinnung, die zwar noch Schwächen hat, aber die Regierungen sind dabei, sich in Sachen Recht und Steuern den Anforderungen der EU anzupassen. Wir wollen die Voraussetzungen schaffen, dass sich private Investoren stärker in der Region engagieren. Trotz der bestehenden Probleme haben sich Unternehmen aus anderen Ländern, auch aus den USA, bereits stark engagiert.

Wie wollen Sie deutsche Firmen motivieren?

Ich rate zu mehr Optimismus und zu mehr Elan. Mit dem Ende des Kosovo-Konflikts hat sich gezeigt: Hier konnte ein Konflikt unter schwierigen Umständen beherrscht und begrenzt werden. Das sollte Mut machen.

Wird es für die im Frühjahr geplante Finanzkonferenz ausreichend Projekte geben, die es zu fördern lohnt?

Ja. Einige Länder der Region haben bereits konkrete gemeinsame Projekte der Infrastruktur, der Energie und der Kommunikation vorgelegt - Regierungen, die noch vor Monaten nicht miteinander gesprochen haben. Insgesamt sind 400 Projekte in die Welt gesetzt worden, mehr als 100 sind zum Schluss den Banken vorgetragen worden. Aus einer Menge dieser Projekte werden im nächsten Jahr Baustellen werden.

Lässt das Interesse der EU-Regierungen nicht allmählich nach?

Es gibt ein Nachlassen des öffentlichen Interesses. Damit war zu rechnen. Die TV-Stationen sind weitergezogen nach Ost-Timor und jetzt nach Tschetschenien. Aber das ist auch eine Aufgabe des Stabilitätspaktes: Wenn der Druck der Aktualität weg ist an der Umsetzung der Ziele arbeiten. Wir sorgen auch dafür, dass der Balkan auf der Agenda der politischen Beratungen bleibt.

Die Regierungen der Balkan-Länder müssen sich auf einen Marathonlauf einrichten. Trauen Sie der EU eine ähnliche Kondition zu?

Die südosteuropäischen Staaten müssen heilsbringende Erwartungen den realistischen Möglichkeiten anpassen. Wer glauben macht, die Ziele in einer Legislaturperiode zu erreichen, programmiert Enttäuschung. Wer aber glaubt, die gegenseitigen Anstrengungen auf die lange Bank schieben zu können, macht auch einen Fehler. Wir brauchen seriöse Fristen und schnelle Zeichen, damit die Aufbruchstimmung nicht verloren geht. Dabei gilt: Wirtschaftliche Hilfen gegen Reformen.

Wie wollen Sie in Serbien diese Stimmung erreichen? Bei Finanz- und Geberkonferenzen solange mit attraktiven Aufbauprojekten winken, bis die Diktatoren schwach werden?

Das ist die Idee des EU-Kommissionspräsidenten Prodi. Eine sehr gute Idee mit großer Kommunikationskraft. Milosevic ist nur stark, weil es bei ihm keine pluralen Medien, sondern nur seine Propaganda gibt. Es ist wichtig, dass das serbische Volk nicht glaubt, dass sich der Westen gegen die Bevölkerung richtet. Der Westen richtet sich gegen Milosevic und die Nomenklatura, weil für solche Autokraten kein Platz ist in unserer Wertegemeinschaft. Der Stabilitätspakt will Serbien einbeziehen, sobald die politischen Probleme in Belgrad gelöst sind. Aber das müssen die Serben selbst tun.

Wie wahrscheinlich ist es, dass der Pariser Club der Re-Investition der Kredite für die Balkan-Region zustimmt?

Das ist eine von mehreren kreativen Idee, die aus der Region selber kommt und über die es Gespräche mit dem Pariser Club und einigen Finanzministern gegeben hat. Die Länder müssen Eigenverantwortung übernehmen. Aber es darf nie der Eindruck entstehen: Wir tun etwas für euch. Sondern: Wir unterstützen euch nach Kräften, damit ihr was tun könnt.

Glauben Sie, dass die stärkeren Länder des Balkans Führungsfunktionen übernehmen?

Ja. Die Bereitschaft zur regionalen Zusammenarbeit ist inzwischen da und wird durch die Verzahnung mit Europa und den USA attraktiv. Wenn aber die Belohnung ausbleibt und außer Gipfelrhetorik vom Pakt nichts bleibt, würde das eine große Enttäuschung sein.

Wie können Sie moderaten Regierungen gegen postkommunistische, nationalistische Widersacher stützen?

Der Stabilitätspakt muss sich bewähren. Zum Beispiel Montengro unterstützen, das sich gegen Belgrad behaupten muss: Das Land darf sich nicht in einer so ausweglosen Situation fühlen, das als einzige Lösung bleibt, eine Eskalation zu provozieren.

Vor vier Monaten wurde in Sarajevo der Stabilit&au

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