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Politik: Bohl-Akten: Entdeckte Unterlagen sind nicht die gesuchten

Nach den verschollenen Akten des ehemaligen Kanzleramtsministers Friedrich Bohl muss offensichtlich weiter gesucht werden. Am Wochenende hatte noch der stellvertretende Leiter des Archivs der Konrad-Adenauer-Stiftung, Hans-Otto Kleinmann, gesagt, etwa 90 Prozent der Akten lagerten bei der Stiftung.

Nach den verschollenen Akten des ehemaligen Kanzleramtsministers Friedrich Bohl muss offensichtlich weiter gesucht werden. Am Wochenende hatte noch der stellvertretende Leiter des Archivs der Konrad-Adenauer-Stiftung, Hans-Otto Kleinmann, gesagt, etwa 90 Prozent der Akten lagerten bei der Stiftung. Dem widersprach am Montag Günter Buchstab, Leiter des Archivs. "Ich kann im Augenblick nur schmunzeln, aber erklären kann ich mir die ganze Aufregung nicht", sagte er dem Tagesspiegel. Er bestätigte zwar, dass Akten aus dem Büro Bohls nach dessen Ausscheiden aus dem Amt in das Archiv der christlichen Demokratie gebracht worden seien. Doch handele es sich dabei lediglich um persönliche und um so genannte Handakten. "Keine der Akten ist mit einem staatlichen Registraturstempel gekennzeichnet."

Damit kann es sich kaum um die Unterlagen handeln, von denen der Sonderermittler Burkhard Hirsch (FDP) annimmt, dass sie vernichtet worden seien. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass in den Akten Kopien von Dokumenten aus den gesuchten Akten vorhanden sind. "Ich habe die Akten selber durchgeblättert", sagt Buchstab. Sie seien noch nicht geordnet und erfasst. Über die Inhaltsverzeichnisse am Anfang der Akten könne man sich jedoch einen Überblick verschaffen: "Und da ist nie das Stichwort Leuna aufgetaucht." Auch Hirsch sagte am Montag in verschiedenen Radiosendern, dass die gefundenen Bohl-Akten wahrscheinlich nicht die von ihm gesuchten seien. Er wundere sich aber schon, weshalb sich die Adenauer-Stiftung nicht früher gemeldet hätte. Schließlich gehe aus einigen Aktenüberschriften hervor, dass es sich dabei um dienstliche Unterlagen handele.

Kritik an Hirsch und an der Adenauer-Stiftung äußerte CDU-Generalsekretär Thomas Goppel. Er warf Hirsch eine unseriöse Arbeitsweise vor, da er nicht intensiv genug nachgefragt hätte. Die Adenauer-Stiftung hätte wiederum wesentlich früher melden müssen, dass sie Akten von Bohl habe. Die Verwirrung komplett machte Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye. Er sagte, der Fund bei der Adenauer-Stiftung sei "nicht sensationell". Die Bundesregierung wisse von den Akten bereits seit Wochen. Auch Hirsch habe vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages darüber berichtet.

Auch die Adenauer-Stiftung betonte, dass sie schon länger auf ihren Bestand an Bohl-Akten hingewiesen habe. Bloß habe es keinerlei Anfragen zur Einsichtnahme gegeben. "Wir wissen nicht, ob die Akten brisant sind. In jedem Fall sollten sie untersucht werden. Weshalb auf unsere Hinweise nicht reagiert wurde, ist schon seltsam", heißt es von der Stiftung. Klarheit über die Bedeutung der Akten werden sich Hirsch und Bohl gemeinsam im August verschaffen. Ein Termin sei schon vereinbart.

Eine wirkliche Überraschung stellen die Bohl-Akten der Adenauer-Stiftung nicht dar. Die politischen Stiftungen führen große Archive, in denen insbesondere persönliche Akten der Bundestagsfraktionen und -abgeordneten gelagert werden. Für die CDU übernimmt diese Aufgabe die Adenauer-Stiftung in Sankt Augustin, für die SPD die Friedrich-Ebert-Stiftung. Es gibt Verträge zwischen Fraktionen und Abgeordneten auf der einen und den Stiftungen auf der anderen Seite. Scheidet ein Abgeordneter oder Minister aus dem Amt, gelangen die Akten aus ihrem Büro zu den Stiftungen. Ausnahmen bilden die Staatsakten, die in das Staatsarchiv gebracht werden. Das 1976 gegründete "Archiv für Christlich-Demokratische Politik" der Adenauer-Stiftung umfasst mittlerweile etwa 17 000 laufende Meter. Darunter befinden sich auch die Nachlässe aller Gründungsväter der CDU, des Altkanzlers Kurt Georg Kiesinger und des Großindustriellen Hugo Stinnes, der alleine 130 laufende Meter einnimmt. Einsicht nehmen kann in die Akten nicht jeder. Zunächst muss bei den Stiftungen ein Antrag gestellt werden. Teilweise sind die Akten von den betroffenen Personen mit Sperrvermerken versehen. Auf Akten der Fraktionen liegt in der Regel eine Sperrfrist von 30 Jahren.

Neue Ermittlungen gegen Kohl

Unterdessen wurde bekannt, dass das Ermittlungsverfahren gegen Kohl zurzeit weitergeführt wird. Die Generalstaatsanwaltschaft Köln bezeichnete Berichte, nach denen das Verfahren gegen eine Geldbuße von 200 000 Mark eingestellt werden würde, als spekulativ. Die Ermittlungen dauerten an. Noch sei von der zuständigen Staatsanwaltschaft Bonn kein Zwischenbericht vorgelegt worden.

Definitiv eingestellt wurden dagegen die Verfahren gegen den ehemaligen CDU-Vorsitzenden Wolfgang Schäuble und gegen die Ex-Schatzmeisterin der Partei Brigitte Baumeister. Vor Abschluss des Untersuchungsausschusses könne nicht weiter wegen des Vorwurfs der uneidlichen Falschaussage ermittelt werden. Eine Wiederaufnahme behält sich die Justiz jedoch vor.

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