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Politik: Bombenanschläge auf Kirchen: Blutige Anschläge auf Christen in Indonesien

Nach den Bombenanschlägen auf Kirchen an Heiligabend sind in Indonesien die Sicherheitskräfte verstärkt und Moscheen durchsucht worden. Bei insgesamt 15 Angriffen in neun Städten wurden mindestens 15 Menschen getötet und etwa 100 weitere verletzt.

Nach den Bombenanschlägen auf Kirchen an Heiligabend sind in Indonesien die Sicherheitskräfte verstärkt und Moscheen durchsucht worden. Bei insgesamt 15 Angriffen in neun Städten wurden mindestens 15 Menschen getötet und etwa 100 weitere verletzt. Die Sprengsätze detonierten laut Polizeiangaben fast zeitgleich zu Beginn der Weihnachtsgottesdienste. Die meisten der Sprengsätze waren in Autos deponiert, die vor den Kirchen abgestellt waren. Allein in der Hauptstadt Jakarta waren fünf evangelische und katholische Kirchen betroffen, darunter die Kathedrale in der Nähe der Hauptmoschee und des Präsidentenpalastes. In der Hauptstadt wurden drei Menschen getötet. Detonationen wurden auch in den Städten Bekasi, Surabaya, Sukabumi, Mojokerto und Bandung auf Java sowie auf den Inseln Batam und Lombok gemeldet.

Weitere Sprengsätze wurden an Kirchenvertreter geschickt. Die Polizei entschärfte nach eigenen Angaben 13 Sprengkörper. Dabei wurden in Pekanbaru auf der Insel Sumatra vier Beamte getötet, wie die Nachrichtenagentur Antara meldete. Der Hintergrund der Anschlagwelle war zunächst unklar. Vizepräsidentin Megawati Sukarnoputri ordnete am Dienstag umfassende Ermittlungen an. Insgeamt 14 000 Polizisten und Soldaten wurden in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt.

Die Behörden warnten vor neuen Gewalttaten bei dem am Mittwoch beginnenden islamischen Fest des Fastenbrechens. Führende muslimische Geistliche und der indonesische Präsident Abdurrahman Wahid verurteilten die Anschläge. Wahid bezeichnete sie als "barbarische Akte". Die Täter versuchten, die Nation auf ihrem Weg zur Demokratie zu destabilisieren und missbrauchten den Namen des Islam. Wahid rief die Bevölkerung zur Ruhe auf. Vizepräsidentin Megawati erklärte, die Anschläge hätten nichts mit Religion zu tun. In Indonesien drohe kein religiöser Konflikt.

Die Polizei appellierte an die Muslime, auf ihre traditionellen Konvoi-Fahrten in offenen Wagen am Fest des Fastenbrechens zu verzichten. Unterdessen wurden mehrere Personen zu den Anschlägen vernommen. Die militante islamische Vereinigung "Laskar Jihad" dementierte jegliche Beteiligung und verurteilte die Taten als "unmoralisch". Weil die Bomben fast zeitgleich explodierten, wird spekuliert, dass militärische Kreise in die Anschläge verwickelt sein könnten. Beobachter vermuteten angesichts der koordinierten Planung der Anschlagsserie eine Beteiligung von Anhängern des früheren Präsidenten Suharto, die noch immer zahlreich in Armee- und Sicherheitskräften zu finden sind. Suharto war 1998 nach Massenprotesten zurückgetreten. Er lebt noch immer in Indonesien.

Indonesien ist der größte moslimische Staat der Welt. Von den 210 Millionen Einwohnern sind fast 90 Prozent Moslems und lediglich fünf Prozent Christen, deren Vorfahren sich während der niederländischen Kolonialzeit ansiedelten. Neben religiösen Spannungen gibt es in Indonesien eine Reihe von Unabhängigkeits- und ethnischen Konflikten. Vor allem auf den Molukken-Inseln kommt es immer wieder zu blutigen Zusammenstößen zwischen Christen und Muslimen. Dort starben seit Anfang 1999 rund 3000 Menschen bei gewalttätigen Auseinandersetzungen. "Laskar Jihad" hatte zum "heiligen Krieg" gegen Christen aufgerufen und wird für eine Reihe von Überfällen auf den Molukken verantwortlich gemacht.

Kirchen und muslimische Gemeinschaften riefen die indonesische Bevölkerung nach der Anschlagsserie vom Heiligabend zur Besonnenheit auf. Die Bomben vom Sonntag seien ein "Akt der Feigheit" mit dem Ziel, Chaos in Indonesien zu produzieren, erklärte der Vorsitzende der Vereinigung islamischer Gemeinschaften im Großraum Jakarta, Al-Habib Fuad Abd Moch Al-Habsyi. Der katholische Erzbischof von Jakarta, Kardinal Julius Darmaatmadja, rief die Christen dazu auf, sich nicht provozieren zu lassen und den Attentätern ihre Verfehlungen zu vergeben.

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