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Vizekanzler Olaf Scholz fordert 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten.

© Imago/photothek

Neues Ziel von Olaf Scholz: 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten – ist das realistisch?

Bald-Kanzler Scholz gibt erneut ein ambitioniertes Impfziel aus. Genügend Impfstoff gäbe es, um es zu erreichen. Experten sind trotzdem skeptisch.

Olaf Scholz hat es wieder getan: Deutschlands designierter Bundeskanzler ist mit einem überraschend ambitionierten Impfziel vorgeprescht. Bis Weihnachten sollen 30 Millionen Impfungen durchgeführt werden, um die vierte Corona-Welle zu brechen, das kündigte Scholz am Dienstag in der Bund-Länder-Runde an.

Bereits vor neun Monaten hatte der amtierende Vizekanzler ein ehrgeiziges Ziel ausgegeben – und es damals nicht halten können. Anfang März sagte er, dass bis Ende Juni bis zu zehn Millionen Impfungen pro Woche möglich sein sollten.

Allerdings wurden es nie deutlich mehr als sechs Millionen. Damals lag es daran, dass schlicht zu wenige Impfdosen zur Verfügung standen. Allerdings ist die Ausgangssituation nun eine ganz andere.

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In den vergangenen sieben Tagen bis zum 30. November wurden 4,6 Millionen Impfungen verabreicht, allein am Dienstag waren es insgesamt etwas mehr als 800.000 Erst-, Zweit- und Auffrischungsimpfungen. Rechnet man diesen Schnitt auf die folgenden drei Wochen hoch, würden bis zum 21. Dezember rund 14 Millionen Impfungen verabreicht. Bis Weihnachten wären also nicht viel mehr als 16 Millionen Impfungen möglich.

Der Schlüssel zum Erreichen der 30 Millionen Impfungen liegt darin, die Impfkampagne auf ein ähnliches Niveau hochzufahren, auf dem es im Frühsommer 2021 lag. Am 4. Juni erreichte die Zahl der täglich verabreichten Impfungen mit 1,4 Millionen ihren bisherigen Höhepunkt. Da es bis zum ersten Weihnachtsfeiertag noch 24 Tage sind, müssten es durchschnittlich pro Tag 1,25 Millionen Impfungen sein.

Da an den Wochenenden immer deutlich weniger verimpft wird, lässt sich der Plan von Vizekanzler Scholz voraussichtlich nur erreichen, wenn der Tagesrekord aus dem Juni noch im Dezember gebrochen wird.

An der Menge des Impfstoffs wird es dabei nicht scheitern: Wie das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf Anfrage des Tagesspiegels mitteilt, stehen bis Jahresende mehr als 42 Millionen Impfdosen zur Verfügung, allein mehr als 13 Millionen davon schon in dieser Woche. Diese Zahl ergibt sich aus den 9,3 Millionen Dosen, die noch auf Halde lagen, und den von Biontech und Moderna in dieser Woche zusätzlich gelieferten Dosen.

Weitere 25 Millionen sollen ab kommender Woche hinzukommen, zudem werden auch noch die 2,4 Millionen Dosen für Kinderimpfungen ab dem 13. Dezember geliefert. Darüber hinaus bemühe sich die Bundesregierung, zusätzliche Impfstoffmengen für Dezember verfügbar zu machen, heißt es aus dem BMG.

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Nun ist allerdings die Frage, ob diese Dosen auch verabreicht werden können. Wie Scholz ankündigte, soll schnellstmöglich auch in Apotheken sowie Praxen von Zahnärzten und Tiermedizinern geimpft werden. Zusätzlich soll der Impfdruck, geht es nach ihm, durch bundesweit strenge Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte und eine 2G-Regel auch im Einzelhandel weiter erhöht werden.

Außerdem kündigte Scholz an, dass man sich künftig ein halbes Jahr nach der zweiten Impfung boostern lassen müsse, um den Impfstatus nicht zu verlieren. Ob dies auch so beschlossen wird, zeigt sich allerdings erst am Donnerstag. Dann findet die Ministerpräsidentenkonferenz mit Scholz und der geschäftsführenden Kanzlerin Angela Merkel statt.

„Aber auch ein knappes Scheitern wäre schon etwas“

Experten zeigen sich ob des Plans von Scholz nicht unbedingt optimistisch. „Das ist logistisch schwer umzusetzen“, sagte Thomas Schulz, Leiter des Instituts für Virologie an der Medizinischen Hochschule Hannover, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Ich habe nicht den Eindruck, dass die Ärzte den Impfstoff nicht an den Mann bekommen, sondern dass es vielmehr Probleme bei der Verteilung des Impfstoffs gibt“, sagte Schulz.

Der Epidemiologe Hajo Zeeb, Leiter der Abteilung Prävention und Evaluation am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen, sagte dem RND, er habe auch wegen eines möglichen Impfstoffmangels Zweifel an der Umsetzung des Ziels, „aber auch ein knappes Scheitern wäre schon etwas“.

Zweifel am Scholz-Plan nährt auch, dass aktuell nicht mehr Ärzte impfen, sondern weniger; zumindest in Berlin. Im Vergleich zum Sommer als sich rund 3000 Praxen an der Kampagne beteiligten sind es aktuell nur noch rund 2000. Der Grund: Der hohe Aufwand bei zu geringer finanzieller Entschädigung.

Die logistischen Fragen der Umsetzung sollen nun beim Leiter des neuen Krisenstabs vereint werden: dem Bundeswehr-Generals Carsten Breuer. An ihm ist es nun, dass der Plan seines Chefs Olaf Scholz diesmal aufgeht.

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