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Boris Johnson: Damit Somalia nicht noch einmal die Welt bedroht

Die internationale Gemeinschaft müsse beim Wiederaufbau Somalias helfen und eine Hungerkatastrophe abwenden, fordert der britische Außenminister im Tagesspiegel. Es dürfe kein Scheitern geben.

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Es ist nie ein gutes Zeichen, wenn in einer Hauptstadt das empfohlene Verkehrsmittel ein bewaffneter Konvoi ist.

Während mein Wagen durch die Straßen von Mogadischu holperte, vorbei an sonnengebleichten Ruinen, konnte ich mir ein Bild von der Zerstörung machen, die Somalias jahrelange Unruhen hinterlassen haben. Dennoch ist allein die Tatsache bemerkenswert, dass ich überhaupt nach Mogadischu reisen konnte, wo heute der Union Jack über einer Britischen Botschaft weht.

Denn jahrelang konnte nicht einmal die offizielle Regierung Somalias ihre eigene Hauptstadt oder ihr eigenes Land besuchen, von britischen Außenministern ganz zu schweigen. Somalias Kabinett und Präsident saßen damals in Nairobi fest und hielten endlose Beratungen über das Heimatland ab.

Währenddessen blieb Mogadischu Kriegsherren und Islamisten überlassen, die seine weißen italienischen Boulevards in Schutt und Asche legten.

Die Terroristen der Al-Schabaab, des ostafrikanischen Flügels von Al-Qaida, brachten schließlich den größten Teil des Südens von Somalia unter ihre Kontrolle und zwangen dem Land ihre gnadenlose, islamistische Herrschaft auf. Das Land wurde, wie ein somalischer Politiker sagte, „eine Gefahr für sich selbst, seine Nachbarn, die Region und die ganze Welt“.

Es bleibt noch viel zu tun

Heute ist das alles anders. Tapfere afrikanische Soldaten, aufgestellt von der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM), haben eine Trendwende gegen die Al-Schabaab eingeleitet, die Terroristen aus Mogadischu vertrieben und mehrere tausend Quadratkilometer Gebiete befreit.

Die offizielle Regierung konnte nach Somalia zurückkehren und mit dem Wiederaufbau des Staates aus dem Nichts beginnen. Großbritannien hat 2013 seine Botschaft wiedereröffnet, um eine führende Rolle in den internationalen Bemühungen zu spielen, beim Wiederaufbau Somalias.

Im Februar dieses Jahres wurde ein Meilenstein erreicht, als Präsident Farmajo nach einem friedlichen Machtwechsel sein Amt in Mogadischu antrat. Dies ist nach Jahrzehnten des Blutvergießens und der Anarchie eine bemerkenswert erfreuliche Entwicklung.

Aber es bleibt noch enorm viel zu tun. Deshalb findet heute in London eine Konferenz statt, die die teuer erkauften Fortschritte weiter voranbringen soll.

Im Kampf gegen Al-Schabaab haben die AMISOM-Truppen bisher die Hauptlast getragen, wobei sie Ausbildungs- und Finanzhilfen aus Großbritannien und anderen westlichen Nationen erhielten.

Aber Somalia kann sich nicht für immer auf Hilfe von außen verlassen. Seine eigenen Sicherheitskräfte werden die Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernehmen müssen.

Eines meiner Ziele für die Londoner Konferenz ist ein neuer Sicherheitspakt. Es geht darum, ein Abkommen zu schließen, bei dem die somalische Regierung notwendige Sicherheitsreformen durchführt – unter anderem soll sie einen genauen Plan für die Bildung einer nationalen Armee erarbeiten – und im Gegenzug weitere Hilfe und Ausbildung von der internationalen Gemeinschaft erhält. Wenn die Umstände es dann erlauben, werden somalische Truppen ihre AMISOM-Verbündeten ablösen.

Hierfür wird eine Aufteilung der Macht zwischen der Zentralregierung und den Bundesstaaten erforderlich sein. Unser Ziel für Somalia sind Wahlen im Jahr 2021 nach dem Prinzip „eine Person, eine Stimme“.

Rasches Handeln gegen den Hunger nötig

Doch neben all diesen gewaltigen Aufgaben erleidet Somalia gerade eine entsetzliche Dürre, die für Millionen von Menschen Hunger und Not bedeutet. Die Zahl der Somalier, die auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind, liegt derzeit bei sechs Millionen. Die letzte Hungersnot 2011 hat 260.000 Menschenleben gefordert.

Noch können wir die Katastrophe durch rasches Handeln abwenden. Großbritannien stellt Nahrung, Wasser und Medikamente für eine Million Menschen bereit. In Mogadischu gibt es eine Spezialeinheit der Vereinten Nationen, die vorhersagen kann, in welchen Gebieten die Lebensmittelnot am schlimmsten sein wird.

Die internationale Gemeinschaft muss die Hilfe leisten, die in Somalia benötigt wird. Und die Führung des Landes muss dazu beitragen, dass Hilfsorganisationen sicher und ungehindert Lebensmittel an die hungernden Menschen verteilen können.

Die Sicherheit organisieren, die Macht zwischen dem Zentrum und den Regionen aufteilen, eine weitere Hungersnot verhindern – in Somalia steht derart viel auf dem Spiel, dass wir uns ein Scheitern nicht leisten können.

Boris Johnson

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