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Boris Rhein.

© dapd

Boris Rhein: Flexibler Konservativer

Hessens junger Innenminister Boris Rhein gilt als Mann der Zukunft – doch alte Affären belasten.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Boris Rhein aus Hessen, ist sichtlich gut gelaunt und wie immer korrekt angezogen. „Wir müssen jetzt ein ernstes Gesicht machen, ein Innenministergesicht“, scherzt er, als man sich zum Gruppenfoto aufstellt. Das Treffen mit den Kollegen aus Bund und Ländern in seiner Heimatstadt Frankfurt ist für ihn Ablenkung vom grauen Alltag in Wiesbaden, wo er sich mit Affären, Intrigen und Mobbingvorwürfen gegen führende Polizeibeamte herumschlägt.

Rhein hat eine ungewöhnliche Karriere vorgelegt. Mit 27 Jahren Landtagsabgeordneter, dann Frankfurter Ordnungsdezernent, mit 37 Jahren Innenstaatssekretär und nun , seit zehn Monaten, hessischer Innenminister. Als Parteipolitiker und Debattenredner bevorzugt Rhein die zugespitzte Kontroverse, etwa wenn er ein Alkoholverbot in Fußballstadien, die Online-Durchsuchung und ein verschärftes Einwanderungs- und Jugendstrafrecht fordert. Streitbar war er schon in seinem Elternhaus. Sein Vater, ein linker Sozialdemokrat, war in Frankfurts Magistrat für die Schulpolitik verantwortlich. In den Debatten „am Küchentisch“ über die geplante Abschaffung der Gymnasien, über Gesamtschulen und Rahmenrichtlinien arbeitete sich der Sohn am Vater ab. Er entschied sich für eine Karriere in der Jungen Union. Noch vor seinem zweiten juristischen Juraexamen schaffte er den Sprung in den Landtag. Als innenpolitischer Sprecher der regierenden CDU geißelte er mit scharfen Attacken die nach seiner Auffassung lasche Sicherheitspolitik der rot-grünen Vorgängerregierung. 2007 verließ er die Landeshauptstadt, um in Frankfurt das Amt des Ordnungsdezernenten zu übernehmen.

Sein Verhältnis zum Ministerpräsidenten Roland Koch galt als schwierig, vielleicht weil sich beide zu ähnlich sind. Beide sind Rechtsanwälte, beide gelten als erzkonservativ und sind doch gleichzeitig strategisch hoch flexibel. Ausgerechnet Rhein gilt seit Jahren als Garant für das reibungslos funktionierende schwarz-grüne Bündnis in Frankfurt. 2009 kehrte er in die Landespolitik zurück. Er setzte auf den Rückzug von Koch und behielt recht. Als der damalige Innenminister Bouffier zum Ministerpräsidenten aufrückte, ernannte er Rhein zu seinem Nachfolger im Innenministerium.

Seitdem ist Rhein vor allem mit Altlasten befasst und macht dabei nicht immer eine glückliche Figur. Wegen erkennbarer Mängel in der Führung der Polizei schasste er zunächst den Landespolizeipräsidenten und schließlich die LKA-Chefin, beide enge Vertraute Bouffiers. Rhein war als Staatssekretär aber dessen Amtschef. Deshalb ist auch er mitverantwortlich für die sogenannte „Polizeichefaffäre“. Bouffier hatte, eine höchstrichterliche Entscheidung ignorierend, einen Parteifreund zum Präsidenten der Bereitschaftspolizei ernannt und einen Mitbewerber übergangen. Über die Gespräche, die Rhein mit dem unterlegenen Bewerber führte, gibt es in zentralen Punkten unterschiedliche Versionen. Die Landtagsopposition will durch Gegenüberstellung klären, ob Rhein vor dem Untersuchungsausschuss die Unwahrheit gesagt hat, um Bouffier zu entlasten. Weil die schwarz-gelbe Regierung das verweigert, haben SPD und Grüne den Staatsgerichtshof angerufen. So droht Rhein ein öffentlicher Auftritt, auf den selbst er gerne verzichten würde.

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