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Politik: Bosnische Serben geben Massaker zu

Untersuchungsbericht nennt erstmals Zahl von 7000 Opfern in Srebrenica

Neun Jahre nach dem Massaker von Srebrenica haben die bosnischen Serben erstmals ihre Verantwortung für den Massenmord an Muslimen mit einer exakten Opferzahl eingeräumt. Vor der Veröffentlichung eines Untersuchungsberichts der bosnisch-serbischen Republik Srpska (RS) sagte Smail Cekic, muslimisches Mitglied in der Kommission der bosnischen Tageszeitung „Oslobdjenje“, dass man von mehr als 7000 Männern und Jugendlichen ausgehe, die zwischen dem 10. und 19. Juli 1995 von RS-Einheiten ermordet wurden.

Die Ende 2003 auf internationalen Druck hin eingerichtete Kommission übergab ihren Bericht über das Massaker in der damaligen UN-Schutzzone am Freitag an die Regierung in Banja Luka. In dem Bericht werden auch Angaben über unentdeckte Massengräber gemacht. Eine abschließende Opferzahl wird laut Cekic erst die Menschenrechtskammer des bosnischen Verfassungsgerichtshofs nennen können, die im März 2003 die RS-Regierung zu Entschädigungen von zwei Millionen Euro verklagt und eine Untersuchung angeordnet hatte.

Bereits im Juni hatte RS-Präsident Dragan Cavic in einer Fernsehansprache einen möglicherweise historischen Prozess bei der Aufarbeitung des Massenmords eingeleitet: „Derjenige, der dieses Verbrechen begangen und sich dabei womöglich auf das Volk, welchem er angehört, berufen hat, hat ein Verbrechen gegen das eigene Volk begangen“, sagte der Vorsitzende der Serbisch-Demokratischen Partei (SDS). Die SDS war vom damaligen bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic gegründet worden. Er gilt mit seinem Militärchef Ratko Mladic als Hauptverantwortlicher für das Massaker. Beide sind vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag wegen Völkermordes angeklagt und flüchtig. Einen anderen Verantwortlichen hat das Tribunal, das Srebrenica als Völkermord wertet, zu 35 Jahren Haft verurteilt.

Trotz mehrerer Untersuchungsberichte ist bis heute ungeklärt, inwieweit die UN-Blauhelme in Bosnien über die Angriffspläne informiert waren – und warum sie nicht eingriffen.

Markus Bickel[Sarajevo]

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