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In Durban gab es Proteste gegen das geplante neue Waldgesetz in Brasilien.

© dpa

Brasiliens Waldgesetz: Gesetz der Kettensäge

Brasiliens Senat stimmt neuem Waldgesetz zu. Beim Klimagipfel in Durban bietet Röttgen Sitz für Behörde an.

Berlin - Deutschland bewirbt sich um den Sitz des neuen Green Climate Fund (GCF). „Ich kündige hiermit an, dass Deutschland gerne den Green Climate Fund bei sich aufnehmen würde“, sagte Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) am Mittwoch in seiner Rede vor dem Plenum der Welt-Klimakonferenz im südafrikanischen Durban. Er sagte auch zu, dass Deutschland weitere 40 Millionen Euro für Entwicklungsländer zur Verfügung stellen werde. Der Grüne Klimafonds soll von 2013 an Entwicklungsländer bei der Minderung von Treibhausgasemissionen und der Anpassung an Klimafolgen unterstützen, er soll bis 2020 auf 100 Milliarden Dollar im Jahr anwachsen. Für den Sitz des GCF interessieren sich auch Mexiko und die Schweiz. Ein Ziel des Gipfels in Durban ist es, den Fonds arbeitsfähig zu machen.

Die Verhandlungen selbst verlaufen weiter schleppend. Noch immer wird gerätselt, ob sich China tatsächlich bewegt oder doch nur eine diplomatische Finte geschlagen hat. Selbst beim Waldschutz unter dem Stichwort Redd (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation), über den sich im Grundsatz alle einig sind, gehen die Detailverhandlungen nur schleppend voran. Noch immer fehlt ein Maßstab, entlang dessen gemessen werden könnte, wie Entwaldungsraten gesenkt, gestoppt und schließlich umgekehrt werden könnten. Die bisher diskutierten Vorschläge würden den Staaten mit der größten Waldzerstörung auch das meiste Geld zuweisen.

Während beim Klimagipfel der Vereinten Nationen in Durban noch über die Details gestritten wird, hat der Senat in Brasilien Fakten geschaffen. In der Nacht zum Mittwoch hat die zweite Kammer des brasilianischen Parlaments ein Waldgesetz verabschiedet, das nach Einschätzung von Umweltschützern die Entwaldungsraten im Amazonas-Regenwald deutlich erhöhen wird. Der Verlust der tropischen Regenwälder hat an den globalen Treibhausgasemissionen einen Anteil von rund 15 Prozent.

Nach Einschätzung der Umweltstiftung WWF könnten mit dem neuen Recht mehr als 76,5 Millionen Hektar Regenwald – eine Fläche so groß wie Deutschland, Österreich und Italien zusammen – zerstört werden. Die brasilianische Regierung schätzt, dass durch das neue Gesetz rund 28 Milliarden Tonnen Kohlendioxid (CO2) zusätzlich in die Atmosphäre gelangen werden. Nach WWF-Angaben entspricht das dem Treibhausgasausstoß Deutschlands der vergangenen 30 Jahre.

Das neue Gesetz ermöglicht es großen Landbesitzern, Waldflächen künftig landwirtschaftlich zu nutzen, indem Schutzgebiete verkleinert werden. Schon in diesem Jahr sind mehr Regenwaldflächen abgeholzt worden als in den Jahren zuvor. Die Satellitenbilder des brasilianischen Überwachungssystems zeigen eine Zunahme der Entwaldung im ersten Halbjahr 2011 von 79 Prozent. Nach Einschätzung von Umweltverbänden ist dafür die Debatte über das neue Waldgesetz verantwortlich. Das Gesetz enthält eine Amnestie für all die Landbesitzer, die vor 2008 geschützte Waldflächen abgeholzt haben. Im brasilianischen Senat sitzen viele Landbesitzer, die von dem Gesetz profitieren werden.

Präsidentin Dilma Roussef hatte im Wahlkampf des vergangenen Jahres versprochen, eine solche Amnestie nicht zu akzeptieren. Sie könnte nun noch ein Veto gegen das Gesetz einlegen und wird von allen großen Umweltverbänden mit Tausenden E-Mails, Briefen und Unterschriftenlisten genau dazu aufgefordert. Allerdings kann das Parlament, durch welches das Gesetz nun ein zweites Mal gehen muss, auch ein Veto der Präsidentin überstimmen. Die Debatte im Senat dauerte fünf Stunden. Am Ende war die Mehrheit mit 59 zu acht Stimmen überwältigend. Allerdings war auch mehr als 12 Stunden nach der Abstimmung noch unklar, was genau die Senatoren im Detail beschlossen hatten, weil es viele Änderungen am Gesetzestext gegeben hatte.

Über das Waldgesetz wird bereits seit einem guten Jahrzehnt gestritten. Nach Angaben der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin und Ex-Umweltministerin Marina Silva lehnen mehr als 80 Prozent der Brasilianer in Umfragen die Änderungen im Waldgesetz strikt ab. mit dpa

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