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Schaar

© dpa

Breite Bundestagsmehrheit: Datenschützer Schaar geht in zweite Amtszeit

Diesmal lief die Wahl glatt. Kein monatelanger Streit, kein Einspruch ging der Bestätigung des Grünen Peter Schaar als Bundesbeauftragter für den Datenschutz im Bundestag voraus. In den letzten Jahren hat er sich über Parteigrenzen hinaus Respekt erworben.

Die Weichen für Schaars Wiederwahl hatte die Union schon im Juni gestellt und damit zugleich einen bemerkenswerten Sinneswandel vollzogen. Vor fünf Jahren, als Rot-Grün regierte, wollten CDU und CSU Schaar noch verhindern. Der rot-grüne Kandidat genüge nicht ihren Ansprüchen, bemängelte damals der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hartmut Koschyk (CSU). 2003 bekam Schaar lediglich 347 Stimmen, 227 Abgeordnete lehnten ihn ab. Am Mittwoch war - bei nur 52 Gegenstimmen - der breite Konsens bei der Besetzung des wichtigen Amts mit beschränkter Kompetenz wieder hergestellt.

"Ich freue mich auf weitere fünf Jahre", sagt Schaar. In den ersten fünf hat er sich Respekt über die Parteigrenzen hinweg erworben. Der Unions-Vorstoß für die Wiederwahl des "erfahrenen Bundesbeauftragten für Datenschutz und die Informationsfreiheit" erfolgte im Einvernehmen mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Dabei ist der Innenminister, egal welcher Couleur, nicht unbedingt der natürliche Verbündete des Datenschutzbeauftragten. Sicherheitsinteressen reiben sich zwangsläufig an Bürgerrechten. Dies zeigte sich deutlich an den zahlreichen Sicherheitsgesetzen nach den Terroranschlägen des 11. September 2001.

Viele Konfliktpunkte bei Plänen zur inneren Sicherheit

Mit vielem, was der Gesetzgeber schon unter Rot-Grün auf den Weg gebracht hat, war und ist Schaar nicht einverstanden. Dies betraf etwa die Vorratsspeicherung von Telefonverbindungsdaten oder die zunächst vorgesehene obligatorische Speicherung von Fingerabdrücken auf dem neuen Personalausweis. Auch im aktuellen Streit über die neuen Anti-Terrorbefugnisse des Bundeskriminalamts (BKA) liegt Schaar nicht auf Regierungslinie und hofft, dass es in dem absehbaren Vermittlungsverfahren noch zu Änderungen kommt. Bei der strittigen Online-Durchsuchung sieht er den Kernbereich der Privatsphäre gefährdet.

Schaar kann auf praktische Erfahrungen zurückblicken. Der 54-Jährige ist der erste Nicht-Jurist in diesem Amt. Der gebürtige Berliner studierte Volkswirtschaft und trat 1980 in den Verwaltungsdienst der Hansestadt Hamburg ein. Dort begann seine berufliche und politische Karriere. 1979 verließ der Atomkraftgegner wegen der Energiepolitik die SPD und engagierte sich bei der Grün-Alternativen Liste Hamburgs, deren Vorstandssprecher er bis 2000 war. Bei der Hamburger Datenschutzbehörde stieg er bis zum Vize-Chef auf. 2002 machte er sich mit einer Datenschutzfirma selbstständig und beriet Unternehmen bei der Internetsicherheit.

Seit den Spitzelaffären ist Datenschutz wieder populär

Der Datenschutz hat in jüngster Zeit eine Renaissance erfahren, wofür nicht zuletzt die zahlreichen Missbrauchsfälle in der Privatwirtschaft sorgten. Inzwischen reagiert auch der Gesetzgeber. Das Datenschutzgesetz soll geändert, der ausufernde Adresshandel eingeschränkt werden. Bereits auf dem Weg der Gesetzgebung sind Eingriffe in das sogenannte Scoring, mit dem die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern beurteilt wird.

"Es gibt kaum einen Bereich, der sich so schnell wandelt wie die Informationstechnik", sagt Schaar und stellt zufrieden fest, dass sein Rat durchaus gefragt, wenn auch nicht immer befolgt wird. "Das Amt macht mir nach wie vor Spaß." An Aufgaben herrscht kein Mangel, wohl aber an genügend Personal in der mit nur 70 Mitarbeitern unterbesetzten Behörde. Wenn Schaar Glück hat, wird sein Amt verstärkt und vielleicht sogar von Bonn nach Berlin verlegt, wo er sich ohnehin die meiste Zeit aufhalten muss.

Norbert Klaschka[dpa]

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