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Politik: Britisch sein und britisch bleiben

Die Gibraltarer haben sich gegen eine spanische Regierung entschieden – sie fürchten um den steuerfreien Einkauf

Bye, Bye Espana. Die britische Mini-Kolonie Gibraltar hat dem Wunsch des großen Nachbarn Spanien, den Affenfelsen künftig gemeinsam mit Großbritannien zu regieren, eine klare Abfuhr erteilt. In einer Volksabstimmung lehnten knapp 99 Prozent der Gibraltarer die von London und Madrid geplante geteilte Hoheit über die britische Besitzung am Südzipfel der iberischen Halbinsel ab. Die Beteiligung an der Abstimmung lag bei 88 Prozent.

Gibraltar wolle künftig nicht „zwei Kolonialmächte statt einer“, begründete der Regierungschef Gibraltars, Peter Caruana, die erwartete Absage der insgesamt 30 000 Einwohner an eine spanische Machtbeteiligung. „Wir sind ein Volk, und wir haben das Recht, über unsere Zukunft frei zu entscheiden.“ Und diesen „demokratischen Willen“ müsse nun einmal Spaniens Regierungschef Jose Maria Aznar respektieren. „Wir werden nicht aufgeben.“ Aznar wiederum nannte das Referendum „illegal und unbedeutend". Auch London bemühte sich, die Entscheidung gegen den britisch-spanischen Plan einer „Co-Souveränität“ herunterzuspielen. Zugleich versuchte die britische Regierung, die Rebellion der Koloniebewohner nicht weiter anzuheizen: „Wir werden auch künftig auf die Meinung der Bevölkerung hören“, beschwichtigte Europaminister Denis MacShane. Die Briten haben sich verpflichtet, den Status Gibraltars nicht gegen den Willen der Kolonie zu ändern.

Seit über einem Jahr verhandeln Spaniens Ministerpräsident Aznar und Großbritanniens Premier Tony Blair über die Zukunft Gibraltars, das vor fast 300 Jahren von britischen Truppen besetzt worden war. Blair, der den Dauerstreit mit Spanien und mit der EU um das Finanzparadies Gibraltar leid ist, hatte Madrid die Formel „zwei Flaggen, ein Territorium“ angeboten. Eine Einigung zwischen den beiden Staaten scheiterte bisher daran, dass Madrid dies nur als Zwischenschritt zur völligen „Rückgabe“ akzeptiert.

Die große Mehrheit der Gibraltarbewohner zelebrierte den Sieg derweil mit spontanen Feiern auf der „Main Street". „Victory"-Schlachtrufe tönten durch die Hauptstraße, die bei Touristen wegen ihrer zollfreien Einkaufsmöglichkeiten als gigantischer Duty-Free-Shop beliebt ist. „Gibraltar ist britisch“, ruft eine Frau unter dem Applaus der Passanten, „und es soll britisch bleiben.“ Triumphierend streckt sie ein Banner des United Kingdom in die Höhe.

Auch die Affen auf dem Koloniefelsen gelten im Volk als Beleg dafür, das Spaniens Machtanspruch noch warten muss: Die Tiere hatte der legendäre britische Premier Winston Churchill in den 40er Jahren als Geschenk nach Gibraltar mitgebracht, angeblich begleitet von dem Wunsch: „Erst wenn der letzte Affe vom Felsen verschwindet, wird Gibraltar wieder spanisch werden.“ Die Affen vermehren sich jedoch prächtig.

Ralph Schulze[Gibraltar]

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