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Britische Soldaten: Sieg für Teherans PR-Abteilung?

Die britischen Marinesoldaten sind frei, Präsident Ahmadinedschad schüttelt ihnen gönnerhaft die Hand zum Abschied. Die Frage, wer moralisch gewonnen hat, bleibt dabei offen - ebenso wie die nach der künftigen Iran-Strategie des Westens.

London - Für den Karikaturisten des "Independent" lag es nahe, zur Freilassung der britischen Soldaten einen Osterhasen zu zeichnen. Grinsend springt er aus einem Überraschungsei - und natürlich hat er die Gesichtszüge des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Schwerer als die Zeichner hatten es die Kommentatoren. Es seien viele Fragen offen, war immer wieder zu lesen. Die wichtigste laute: Wie soll Großbritannien, wie soll der Westen künftig mit Teheran umgehen?

Eine Antwort gab Premierminister Tony Blair persönlich. Dazu trat er in dem Moment vor die Tür von Number 10 Downing Street, als Kameras der BBC die einschwebende Maschine der British Airways mit den 15 freigelassenen Soldaten erfassten. Das war nicht minder geschickt inszeniert, als am Vortag die Freilassung "als Geschenk an das britische Volk" durch Ahmadinedschad in Teheran.

Blair: Dialog und Druck

Blairs Rezept für künftige Iran-Krisen: "Offen sein für den bilateralen Dialog mit dem iranischen Regime, aber zur selben Zeit internationale Unterstützung mobilisieren und Druck ausüben, ob bei den Vereinten Nationen oder in Europa, mit den Vereinigten Staten von Amerika oder auch mit unseren Verbündeten in der Region." Der Auftritt war nach Ansicht von Beobachtern auch eine Reaktion auf die Debatte, wer eigentlich als Gewinner aus dem Tauziehen um die Soldaten hervorgegangen sei.

"War dies ein PR-Sieg für Iran oder war es ein Sieg der stillen Diplomatie?", fragte die BBC. Der konservative "Daily Telegraph" sah das so: Ahmadinedschad "war in der Lage, sich als moralisch überlegen darzustellen und die britische Regierung zu rügen". Dies lasse "nichts Gutes ahnen für die Beziehungen des Westens zu Teheran bei einer Reihe komplizierter Probleme in den kommenden Monaten: Die Missachtung von UN-Sanktionen (durch Iran), die wegen der Weigerung, die Urananreicherung zu stoppen, verhängt wurden, seine verstärkte Einmischung im Irak und seine fortgesetzte Unterstützung für terroristische Bewegungen".

US-Druck brachte Regime nicht ins Schlingern

Allen westlichen Regierungen sind diese Probleme nur zu gut bekannt. "Doch wie soll man umgehen mit so einem großen, bedeutenden Land, das sich weigert, nach den diplomatischen Spielregeln des Restes der Welt zu agieren?", fragt das Magazin "The Economist". Washington habe seit der traumatischen Besetzung seiner Botschaft in Teheran samt Geiselnahme von 52 US-Diplomaten 1979 versucht, "Iran politisch, militärisch und wirtschaftlich unter Druck zu setzen in der Hoffnung, dass das Regime zusammenbrechen würde, aber das war vergebens".

Anders als die Amerikaner mit ihrer "Achse des Bösen"-Rhetorik versuchten die Europäer immer wieder eine heikle Politik des positiven Engagements, um damit gemäßigten, reformbereiten Kräfte in Iran zum Sieg über die konservativen zu verhelfen. Auch das führte nicht zum erhofften Ergebnis. Blair will es weiter mit einer "zweigleisigen Strategie" von Dialog und Druck versuchen.

Blair: Westen muss zusammenhalten

Funktionieren könne dies nur, sagt er, wenn der Westen "absolut standfest ist" und beide Elemente dieser Strategie aufrecht erhält. Dabei hat das Element Druck in der Gefangenenkrise zumindest anscheinend so gut wie nichts bewirkt. Erst als London seine öffentliche Rhetorik und seine Beschuldigungen gegen Teheran zurückschraubte, signalisierten die Iraner, sie würden von einem Prozess gegen die britischen Soldaten absehen.

London habe mit einem solchen Herangehen Iran eine goldene Brücke gebaut, sagt Richard Dalton, der von 2002 bis 2006 britischer Botschafter in Teheran war. Für die Zukunft der Beziehungen zwischen dem Westen und Teheran sei es aber wichtig, dass die USA und auch Großbritannien "ihre Glaubwürdigkeit im Nahen Osten wieder herstellen". Dazu seien nicht nur Fortschritte im Irak erforderlich, sondern auch ein unparteiisches Herangehen des Westens an die gesamte Nahost-Problematik. (tso/dpa)

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