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Politik: Brückenkopf ins Lager der Kriegsgegner

Frankreich ist gegen einen Einsatz im Irak – muss den Amerikanern aber auch Bündnistreue beweisen

Von Sabine Heimgärtner, Paris Vor der Presse wurde das Thema Irak top secret behandelt. Frankreichs Premierminister Jean-Pierre Raffarin und der britische Regierungschef Tony Blair präsentierten sich den Journalisten nach ihrem Treffen am Montag im Süden Frankreichs zugeknöpft. Über den Inhalt der Gespräche der „freundschaftlichen Begegnung“ sollte nichts an die Öffentlichkeit dringen. Raffarin erklärte lediglich: „Ich habe vorher ausführlich mit Staatspräsident Chirac telefoniert, wir haben uns in allen Punkten noch einmal abgesprochen“.

Hauptthema, so munkelten wenig später die französischen Medien, war der mögliche amerikanische Militärschlag gegen den Irak. Ob Blair versucht hat, Frankreich als Partner zu einer zweiten militärischen Aktion gegen Saddam Hussein nach dem Golfkrieg zu gewinnen? Vielleicht, so meinten die Kommentatoren, aber: „Bush steht völlig allein gegen Saddam da“, titelte „Le Figaro“.

Frankreich bleibt strikt bei seiner Haltung: Kein Krieg gegen den Irak, auch wenn Paris diesen Grundsatz im Gegensatz zu Berlin derzeit nicht täglich wiederholt. Vor einigen Wochen, beim deutsch-französischen Gipfel in Schwerin, hatte sich Jacques Chirac entschieden geäußert. Neue militärische Aktion gegen Irak bedürften in jedem Fall eines UN-Mandats. Chirac appellierte zudem an Saddam und betonte, dieser sei gut beraten, „die Vorschläge von UN-Generalsekretär Kofi Annan anzunehmen, mit der Aussicht auf eine probeweise Aufhebung des Handelsembargos.“ Keinen Zweifel ließ Chirac aber auch daran, dass es in der Region im Moment wichtigere Probleme gebe, nämlich die Lösung des Nahost-Konflikts.

Das Pariser Außenministerium legte vergangene Woche nach und teilte mit, „ein Krieg ist eine völlig hypothetische Annahme“, weil Saddam Hussein die Brücken zu den UN-Inspekteuren bislang nicht definitiv abgebrochen habe. Zwischen den Zeilen klang immer wieder durch: Nichts halte Frankreichs Regierung für unvernünftiger, als sich in der seit dem 11. September ohnehin angespannten Situation in der Region erneut mit dem irakischen Präsidenten anzulegen. Verwiesen wurde auf die Gefahr einer „Explosion in der muslimischen Welt“. Auch Frankreichs Bevölkerung ist entschieden gegen eine neue Einmischung.

Dennoch sitzt Paris zwischen mehreren Stühlen. Einerseits die Bündnistreue gegenüber den USA, andererseits die gegenüber den europäischen Partnern, hinzu kommt der Wunsch, die Beziehungen mit dem Irak wieder zu normalisieren. Die Motive dafür sind zahlreich: Paris unterhält traditionell die besten Verbindungen zur arabischen Welt in Europa, mehr als fünf Millionen inzwischen eingebürgerte Muslime leben in Frankreich und das Land ist zudem immer noch der stärkste Handelspartner des Irak.

Diplomatisch ist es Paris bislang nicht gelungen, Washington von seiner eigenen Haltung zu überzeugen. Der französische Staatschef hat dafür, im Gegensatz zu Berlin und London, einen entscheidenden Vorteil in seiner Hand: Die politische Klasse des Landes, egal ob links oder rechts, steht voll hinter der neuen konservativen Regierung und ihrer außenpolitischen Haltung.

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