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Wahlziel nicht erreicht: SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück.

© rtr

Wahlen im Bund und in Hessen: Peer Steinbrück verfehlt sein Wahlziel

Die Bundestagswahl kennt nur eine Siegerin: Angela Merkel. Die SPD legt zu - aber viel zu wenig. Die Alternative für Deutschland schafft fast den Sprung in den Bundestag. In Hessen steht ein Regierungswechsel an. In Berlin gibt es einen vierfachen Wiederholungsgewinner.

Von
  • Lutz Haverkamp
  • Katrin Schulze

Schwarz-Gelb ist abgewählt. Die CDU/CSU-Fraktion hoffte sogar mal auf die absolute Mehrheit der Sitze. Die ist nach jüngsten Hochrechnungen aber wieder futsch. Nach der ZDF-Hochrechnung von 00.02 Uhr kommt die Union auf 301 der 606 Mandate. Damit wäre Merkel auf einen Koalitionspartner angewiesen. Zuvor hatten ARD und ZDF eine knappe absolute Mehrheit der Sitze für CDU und CSU errechnet. Die Ergebnisse könnten sich aber im weiteren Verlauf der Auszählung noch ändern. Die FDP fliegt dagegen sicher zum ersten Mal in ihrer Geschichte aus dem Bundestag - bei einem Minus von 9,8 Prozentpunkten erreichen sie gerademal 4,8 Prozent der Wählerstimmen . Die europakritische Alternative für Deutschland (AfD) kratzt an der Fünf-Prozent-Hürde, wird aber wohl mit 4,7 Prozent knapp scheitern. Die bisherigen Oppositionsparteien SPD, Grüne und Linke haben nach der ZDF-Hochrechnung eine knappe parlamentarische Mehrheit. Klarer Wahlsieger ist dennoch die Union von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die auf 41,8 Prozent kommt und ihr Ergebnis von 2009 (33,8 Prozent) deutlich verbessern kann. Auch die SPD mit Kanzlerkandidat Peer Steinbrück legt zu und erreicht 25,6 Prozent. Die Sozialdemokraten verpassen allerdings ihr Wahlziel, mit den Grünen (8,5 Prozent, minus 2,2 Prozentpunkte), eine rot-grüne Bundesregierung bilden zu können, deutlich. Die Linken verlieren leicht und kommen auf 8,4 Prozent, minus 3,5 Prozentpunkte. Die Erfolgsgeschichte der Piraten ist vorerst beendet, sie bleiben mit rund zwei Prozent klar unter der Fünf-Prozent-Hürde.

Und die Gewinnerin ist: Angela Merkel.
Und die Gewinnerin ist: Angela Merkel.

© dpa

In Hessen bleibt es nach den ersten Prognosen spannend

Auch im Bundesland Hessen ist es spannend. Dort wählten die 4,4 Millionen Wahlberechtigten die amtierende schwarz-gelbe Regierung unter Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) ab. Aber für Rot-Grün reicht es auch nicht. Nach der Hochrechnung des ZDF von 21.38 Uhr kommt die CDU auf 39,3 Prozent, die SPD auf 31, die Grünen erreichen 10,6 Prozent, die Linke kommt auf 5,4 Prozent. Die AfD scheitert mit etwa vier Prozent der Wählerstimmen klar.

Verlierer und Gewinner: Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU, links) und sein wahrscheinlicher Nachfolger Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD).
Verlierer und Gewinner: Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU, links) und sein wahrscheinlicher Nachfolger Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD).

© dpa

Angela Merkel strahlt über ihren Sieg

Vor ihren jubelnden Anhängern sagte sie am Sonntagabend: "Das ist ein super Ergebnis." Jetzt müsse das Endergebnis abgewartet werden, es sei zu früh um über Koalitionen zu spekulieren. "Aber feiern dürfen wir schon", sagte die Kanzlerin. Sie wolle stabile Verhältnisse in Deutschland und werde „keine Vabanquespiele eingehen“, sagte sie später. Unions-Fraktionschef Volker Kauder leitet aus dem Wahlergebnis ein Recht für die Union zur Regierungsbildung ab. "40-Plus hat man ja für eine Volkspartei schon gar nicht mehr für möglich gehalten", sagte er nach ersten Prognosen am Sonntagabend in der ARD. "Wir haben einen klaren Auftrag der Wähler, die Regierung zu bilden." Das Ergebnis zeige vor allem, dass die Wähler wollten, dass Angela Merkel wieder Kanzlerin werde. CSU-Chef Horst Seehofer sagte in München, seine Partei wolle eine Koalition mit der SPD „im Grunde genommen“ nicht, weil ein solches Bündnis die Ausnahme sein sollte. Für die Entscheidungen im Bundesrat allerdings könne eine große Koalition hilfreich sein. „Aber darüber zu spekulieren ist viel zu früh.“

FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle sagte, er übernehme "Verantwortung" für das Ergebnis.

FDP-Chef Philipp Rösler deutete seinen Rückzug an. Der nordrhein-westfälische FDP-Chef Christian Lindner äußerte sich erschüttert über das vermutliche Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag. "Es ist ohne Zweifel die bitterstes Stunde für die Liberalen seit Jahrzehnten", sagte Lindner im ZDF. Die Linken sprachen sich für ein rot-rot-grünes Bündnis aus, sollte es eine parlamentarische Mehrheit dafür geben. "Gebt Euch einen Ruck und ermöglicht einen Politikwechsel", forderte Linken-Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn. SPD-Politiker äußerten sich enttäuscht. SPD-Parteichef Sigmar Gabriel gratulierte Merkel zu ihrem "ungeheueren Erfolg". Steinbrück sagte im Willy-Brandt-Haus: "Es war ein fantastischer Wahlkampf." Nun müsse sich Merkel "eine Mehrheit besorgen". Sollte Merkel allein regieren können, sei es alleine die Entscheidung der Union, ob sie diese Möglichkeit dann auch wahrnehme, sagte Steinbrück in der "Berliner Runde". "Meiner Partei würde ich dann raten allerdings, nicht zur Verfügung zu stehen für eine große Koalition, sondern dann in die Opposition zu gehen."

AfD-Parteichef: "Ganz starkes Ergebnis"

Der Parteichef der eurokritischen Alternative für Deutschland, Bernd Lucke, hat nach den ersten Hochrechnungen von einem "ganz starken Ergebnis" gesprochen. "Wir haben die Demokratie in Deutschland reicher gemacht", sagte er vor jubelnden Anhängern in Berlin. Er hoffe auf den Einzug in den Bundestag. „Aber auch 4,9 Prozent wären ein großartiger Erfolg“, sagte er.

Auch in Berlin ist die CDU der klare Wahlgewinner. Die Christdemokraten kamen auf 28,7 Prozent der Stimmen - knapp sechs Prozent mehr als bei der Bundestagswahl 2009. Die SPD erreichte 24,5 Prozent. Grüne (12,1) und FDP (3,5 Prozent) stürzten dagegen ab. Die Linke (18,7 Prozent) war vor allem wieder im Ostteil der Stadt stark und gewann dort vier Wahlkreise. Der Grüne Hans-Christian Ströbele holte zum vierten Mal in Folge das Direktmandat in Friedrichshain-Kreuzberg. Im Gegensatz zum Bund kam die europakritische AfD in Berlin offenbar auf mehr als fünf Prozent.

Die Wahlbeteiligung lag am Sonntag mit 72 Prozent im Bund etwas höher als bei der letzten Bundestagswahl 2009. Damals gingen 70,8 Prozent der Wahlberechtigten in die Wahllokale. 61,8 Millionen Wahlberechtigte waren am Sonntag aufgerufen, ihre Erst- und Zweitstimme abzugeben. Darunter waren drei Millionen Erstwähler.

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