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Mehr Geld für Bildung, vor allem auch für Hochschulbildung, darüber sind sich alle Parteien einig. Über den Weg gibt es aber verschiedenste Ansichten.

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Was die Parteien zum Thema Bildung versprechen: Im Überbietungswettbewerb

Wer auch immer in den kommenden vier Jahren das Land regieren wird – das Thema Bildung wird ganz oben auf der innenpolitischen Agenda stehen. Alle Parteien wollen mehr Geld in die Hand nehmen, aber wie sollen die Mittel verteilt werden?

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In allen Parteien hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass mehr Geld in Bildung investiert werden muss, damit Deutschland wettbewerbsfähig bleiben kann.

Bildung ist Ländersache – was können die Bundesparteien da überhaupt leisten?

Um Deutschland bei der Bildung voranzubringen, müssen Strukturen verändert werden. Deshalb reifen sowohl in der Union als auch in der SPD Pläne, eine weitere Föderalismusreform anzugehen. Stichwort: Kooperationsverbot. Bund und Länder werden über Wege debattieren, wie der Bund sich in Zukunft stärker als bisher an der Finanzierung von Bildung – auch im Schulbereich – beteiligen kann. Wobei nicht zu erwarten ist, dass daraus eine deutschlandweite Einheitsschule erwachsen wird. Dafür ist der Bildungsföderalismus zu stark verankert. Die SPD plädiert in ihrem Wahlprogramm für einen Rechtsanspruch der Eltern auf einen Ganztagsplatz in der Kita wie in der Schule. Laut Studie der Bertelsmann-Stiftung gibt es inzwischen zwar für rund 30 Prozent der Kinder Ganztagsangebote. Gleichzeitig wünschen sich aber laut Umfragen 70 Prozent der Eltern einen Ganztagsschulplatz.

Auch die Union will das Kooperationsverbot lockern, allerdings nicht für den Schulbereich. Einig sind sich alle Parteien, den Prozess der Schaffung nationaler Bildungsstandards voranzutreiben, um die Vergleichbarkeit von Schulabschlüssen zu verbessern und den Wechsel der Schule bundesland-übergreifend zu erleichtern.

Für die Grünen steht neben größeren Investitionen in Schulen und Kitas auch die Qualität der Bildung im Zentrum. Sie wollen mehr Lehrer und Betreuer für Schüler und Kita-Kinder.

Die FDP setzt ebenso auf das Thema Ganztagsschulen, aber nicht über einen Rechtsanspruch. Sie will mehr Freiheit bei der Gestaltung von Schulen. Zwar steht sei für die Vergleichbarkeit von Abschlüssen in ganz Deutschland. Ihr Weg zum Erfolg ist aber „größtmögliche Eigenständigkeit der Schulen“, bis hin zur finanziellen Eigenverantwortung. Die FDP will Gründung und Betrieb von Schulen in freier Trägerschaft erleichtern.

Auch die Linkspartei will die strikte Trennung der Finanzierung im Bildungsbereich im föderalen System überwinden. Zudem sollen Lehrer und Betreuer mehr Geld verdienen, Lerngruppen kleiner werden. Sie hält gegliederte Schulsysteme per se für nicht durchlässig, sie benachteiligten einzelne Schüler. Das will die Linke abschaffen und durch eine Einheitsschule ersetzen. Damit sollen alle Kinder die gleichen Chancen bekommen.

Was die Wissenschaft von den Parteien zu erwarten hat

Nach der Bundestagswahl müssen Bund und Länder neu über Geld und strategische Ziele entscheiden. Milliardenschwere Bund-Länder-Pakte für die Wissenschaft laufen in den kommenden Jahren sukzessive aus: der Hochschulpakt für mehr Studienplätze, die Exzellenzinitiative der Unis sowie der Pakt für Forschung und Innovation, der den außeruniversitären Einrichtungen jährlich um fünf Prozent höhere Zuschüsse garantiert. Hochschulen befürchten, dass die Schuldenbremse die Spielräume von Bund und Ländern weiter einengt. Manches hängt auch davon ab, wie der Streit um die Verfassungsreform in Bildung und Wissenschaft ausgeht. Außerdem planen Bund und Länder eine große Reform des Finanzausgleichs, in der auch Ausgaben für Bildung und Wissenschaft verhandelt werden.

Wie wollen die Parteien die Hochschulen künftig finanzieren?

Alle Parteien wollen eine Verfassungsänderung, die es dem Bund erlauben würde, die Hochschulen dauerhaft mitzufinanzieren. Die Union will, dass der Bund ausgewählte Institute an Hochschulen fördern kann. Die Opposition sieht darin nur eine „Lex Elite“: Sie will dem Bund die Kompetenz geben, Hochschulen dauerhaft in der Breite fördern, also auch Lehre finanzieren zu können. Die SPD will die Bildungsausgaben insgesamt ab 2014 schrittweise um jährlich 20 Milliarden erhöhen, Bund und Länder sollen je die Hälfte aufbringen. Das will die Partei unter anderem durch die Anhebung der Steuern finanzieren.

Die Grünen schlagen vor, der Bund solle 70 Prozent der Kosten der Max-Planck-Gesellschaft und der Leibniz-Gemeinschaft tragen statt wie bisher 50 Prozent. Die Länder hätten dann mehr Mittel für die Hochschulen frei. Einig sind sich die Parteien darüber, dass die Hochschulen eine höhere Pauschale für ihre Nebenkosten bei DFG-Projekten vom Bund bekommen sollen: statt wie jetzt 20 Prozent mindestens 40 Prozent der Projektkosten.

Die Union will den außeruniversitären Einrichtungen weiter jährlich 5 Prozent mehr Geld gewähren. Diese Mittel müssten zum Teil aber auch von den Ländern aufgebracht werden. Vertreter von Hochschulen befürchten darum, dass das Geld hinterher den Hochschulen fehlt.

Was planen die Parteien für die Studierenden?

Alle Oppositionsparteien wollen mehr Mittel in den Hochschulpakt für neue Studienplätze stecken, die Grünen sprechen von jährlich einer Milliarde Euro zusätzlich. Die CDU legt sich nicht fest. Die SPD will auch mehr Geld für Studienplätze im Master ausgeben, denn sie will einen Rechtsanspruch auf einen Master-Platz für alle Bachelor-Absolventen schaffen. Sowohl die SPD als auch die FDP wollen die Finanzierung von Hochschulen auf das Prinzip „Geld folgt Studierenden“ umstellen. Dann würde jedes Bundesland seinen Abiturienten das Studium in einem anderen Bundesland finanzieren. Die SPD will, dass der Bund dabei die Kosten für die Studienplätze ausländischer Studierender trägt.

Alle Parteien wollen das Bafög erhöhen. Allerdings muss sich die Bundesregierung hier mit den Ländern einigen. Die Union will auch Teilzeitstudierende mit in die Förderung aufnehmen, die Linke die Altersgrenzen ganz abschaffen, Bafög soll als Vollzuschuss gewährt werden. FDP, Grüne und Linke möchten unabhängig vom Einkommen der Eltern schrittweise ein „Bafög für alle“ einführen. Die SPD will das Schüler-Bafög „revitalisieren“. Union und FDP wollen das von Staat und Wirtschaft finanzierte und vom Elterneinkommen unabhängige „Deutschlandstipendium“ ausbauen, die Opposition will es abschaffen.

Was soll aus der Exzellenzinitiative werden?

Die Exzellenzinitiative hat die Universitäten seit dem Jahr 2006/2007 in einen Ausnahmezustand versetzt. Drei Runden gab es. Jedes Mal taten sich Professoren zusammen, um Anträge für die drei Disziplinen des Wettbewerbs zu entwickeln: für Graduiertenschulen, für große Forschungsverbünde („Cluster“) und für die prestigeträchtigste und selektivste Linie der „Zukunftskonzepte“, mit denen ganze Unis den Status als „Exzellenzuni“ erringen konnten. Die Siegerinnen sollten Deutschland in einem Jahrzehnt in der Spitze internationaler Rankings repräsentieren. Bis 2017 werden insgesamt 4,6 Milliarden Euro von Bund und Ländern an die Unis geflossen sein. Von Beginn an herrschte die Sorge, Deutschland werde sich seine neue Uni-Spitze nur auf Kosten der Breite schaffen. Eine Neuauflage des Wettbewerbs um ganze Unis wird es wohl nicht geben. Das wünscht sich nur die FDP. SPD und Union loben zwar die Effekte der Exzellenzinitiative, bekennen sich aber nicht zur Fortsetzung des Wettbewerbs um ganze „Exzellenzunis“. Die SPD lässt auch offen, wie es mit den Graduiertenschulen und Clustern weitergehen soll. Union, FDP, Linke und Grüne sind dafür, diese in die reguläre Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zu übertragen. Das entspricht auch den jüngsten Empfehlungen des Wissenschaftsrats. Es zeichnet sich ab, dass die Bundesmillionen für die „Zukunftskonzepte“ der elf „Exzellenzunis“ nach 2017 wohl von den Sitzländern ersetzt werden müssen. Im klammen Berlin haben FU und Humboldt-Uni schon große Sorgen, ob das klappt.

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