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Bündnisse: "Trittin sollte es an der Börse probieren“

Der Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn weist den Plan des Ex-Umweltministers für eine rot-rot-grüne Koalition zurück. Von schwarz-grünen Bündnissen redet bei den Grünen fast niemand mehr.

Von Hans Monath

Für die als debattierfreudig bekannten Grünen war es fast eine Sensation: Eine Woche lang wahrten Spitzenpolitiker der Ökopartei nach dem Wahlausgang von Hessen die politische Geschlossenheit. Führende Unionsvertreter stritten laut über Roland Kochs Wahlkampagne, SPD-Minister warnten vor einem Linksruck der SPD, doch bei den Grünen widersprachen nur Exoten den Urteilen der Parteispitze. Mit leichter Verspätung hat die offene Debatte über die Lehren aus Hessen und Niedersachsen nun auch bei der kleinsten Oppositionspartei im Bundestag eingesetzt – und wird in teils spitzen Tönen ausgetragen.

Den Anstoß lieferte am Wochenanfang Jürgen Trittin. Als erster führender Grünen-Politiker seit der Hessen-Wahl zeigte sich der Vizefraktionschef und ehemalige Umweltminister offen für rot- rot-grüne Bündnisse – und brachte sich so in Gegensatz zu Partei- und Fraktionsspitze, die diese bislang strikt ablehnten. „Ich halte nichts von solchen Spekulationen“, entgegnete Fraktionschef Fritz Kuhn. „Bei uns geht es um Inhalte“, versicherte Kuhn dem Tagesspiegel und schob gleich noch einen süffisanten Rat hinterher: „Wenn Jürgen Trittin am Spekulieren Freude hat, sollte er es doch mal an der Börse probieren.“

Trittin hatte einen Blick ins Jahr 2009 geworfen und erklärt, spätestens nach der Wahl im Saarland werde die Linkspartei nach Regierungsverantwortung streben und mit der SPD koalieren. Die Grünen würden dann „mitverhandeln“, sagte der Vertreter des linken Parteiflügels der „Rheinischen Post“. Bündnissen von Grünen und CDU, wie sie Trittins Kollegin Krista Sager als Notlösung für Hamburg ins Gespräch gebracht hatte, erteilte der Ex-Minister eine Totalabsage.

Hintergrund des Plädoyers ist Trittins Analyse, wonach seine Partei nirgendwo mehr Stimmen dazugewinnen kann als im Milieu der rot-grünen Wechselwähler. Weil sich diese Wähler aber genau wie die treuen Stammwähler der Öko-Partei nach seiner Überzeugung strikt im linken Lager verorten, hält er jedes Spekulieren um Schwarz-Grün oder Jamaika (schwarz-gelb-grüne Koalition) für Gift. Es sei nichts anderes als Wahlhilfe für SPD und Linkspartei. Eine „krampfhafte Ausgrenzung“ der Partei Lafontaines und Gysis diene in einem etablierten Fünfparteiensystem nur der Machtsicherung der Union, warnte der Grünen-Politiker. Nach 2009 werde die Linkspartei ihre generelle Verweigerungshaltung aufgeben müssen und unter Druck geraten, auch zu regieren.

Dabei gibt es momentan kaum mehr einen wichtigen Grünen, der auf die einst verlockende schwarz-grüne Option setzt. Im Gegenteil: Roland Kochs Ausländerkampagne und seine Unterstützung durch CDU-Chefin Merkel haben aus der Sicht der großen Mehrheit der Grünen die Gräben zur Union wieder so weit aufgerissen, dass sie lange Zeit nicht zu überbrücken sein werden. Selbst eine schwarz-grüne Notlösung in Hamburg wäre ein bundespolitisches Signal, an dem die Grünen-Spitze derzeit so gut wie kein Interesse hat. Ihr Ziel ist Rot-Grün.

Manche grüne Strategen sehen den Vorstoß Trittins aber vor allem als Versuch, die eigenen Chancen bei der Entscheidung der Grünen über die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl 2009 zu mehren. Zwar will die Parteispitze erst nach der bayerischen Kommunalwal (2. März) ein Verfahren vorschlagen, doch der Stellungskrieg um die beste Ausgangsposition hat längst begonnen. Trittin gilt hinter Fraktionschefin Renate Künast als aussichtsreichster Kandidat und muss auf ein Spitzenduo setzen, damit Künast nicht alleine durchmarschiert. Umstritten ist in der Grünen-Führung auch, ob eine Befragung der Mitglieder über die Kandidaten entscheiden soll.

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