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Bürgerkrieg: Sri Lanka: Hass ohne Ende

Militärisch sind Sri Lankas Rebellen gescheitert – aber nach 26 Jahren Krieg ist Versöhnung schwierig. Zehntausende Tote haben tiefe Wunden hinterlassen .

Auf Sri Lanka gehen die Kämpfe zwischen der Armee und den Rebellen der „Befreiungstiger von Tamil Eelam“ (LTTE) weiter, obwohl die LTTE inzwischen auf einem fünf Kilometer schmalen Küstenstreifen nördlich der Stadt Mullaitivu eingekesselt ist. Wie der tamilische Internetdienst Tamilnet berichtete, wurden 87 Menschen verletzt, als am Samstag zwei Artilleriegeschosse der Armee in ein Gebäude in dem Gebiet einschlugen. Ein Armeesprecher wies dies zurück. Eine unabhängige Bestätigung für die Berichte gab es nicht, da die Regierung Journalisten und internationalen Beobachtern den Zugang ins Kampfgebiet verweigert. Erst am Freitag hatte die Marine drei feindliche Boote versenkt und 38 Rebellen getötet. Die LTTE, die seit 26 Jahren gegen die Zentralregierung kämpft, kontrollierte früher weite Teile Nord- und Ost-SriLankas.

Im Kampfgebiet sitzen nach UN-Schätzungen auch etwa 50 000 Zivilisten fest. Die Regierung wirft den Rebellen vor, die Zivilisten gewaltsam an der Flucht zu hindern und als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Unter internationalem Druck hatte die Regierung nach eigenen Angaben bereits vor einer Woche den Einsatz schwerer Waffen sowie Luftangriffe gestoppt.

Militärisch scheint das Ende der tamilischen Befreiungstiger besiegelt, aber beigelegt ist der Konflikt damit nicht. 26 Jahre Bürgerkrieg und 75 000 Tote haben tiefe Wunden hinterlassen und viel Hass zwischen den 14 Millionen Singhalesen und den 3,5 Millionen Tamilen geschürt. Auf beiden Seiten wurden moderate Kräfte zudem brutal zum Schweigen gebracht. Viele von ihnen für immer.

Die Angst bleibt, dass sich die LTTE aus der Asche erhebt. Viele junge Tamilen haben nichts anderes gelernt als zu kämpfen. Auch in der tamilischen Diaspora gibt es Sympathisanten, die versuchen könnten, den Aufstand mit Geld und Waffen neu anzufeuern. Viel hängt von LTTE-Chef Prabhakaran ab. Die Regierung in Colombo hofft, dass sich die Rebellen ohne ihn – ähnlich wie die Anhänger des „Leuchtenden Pfads“ in Peru – früher oder später auflösen. Doch noch ist Prabhakaran nicht gefangen, und ans Aufgeben denkt er ohnehin nicht.

Der Krieg hat auch viele Singhalesen radikalisiert. Die buddhistischen Mönche Sri Lankas sind ohnehin alles andere als friedfertig. Sie hängen einem aggressiven Chauvinismus an und hetzen gegen die hinduistischen Tamilen. Am dramatischsten ist das Schicksal der über 200 000 tamilischen Flüchtlinge im Norden. Sie mögen dem Terrorregime der Rebellen entronnen sein, sind aber nun der Willkür der singhalesischen Regierung ausgeliefert. Berichte kursieren, dass Colombo die Menschen in von der Armee bewachte Lager wegsperren, also ein halbes Volk in Haft nehmen will.

Präsident Rajapakse, ein singhalesischer Populist, bestreitet solche Pläne. Seine bisherige Bilanz stimmt freilich nicht hoffnungsvoll. Auf der Tropeninsel werden heute die Menschenrechte mit Füßen getreten. Kritik zu äußern, ist lebensgefährlich. Tamilen werden verfolgt und wie Bürger zweiter Klasse behandelt.

Die Welt ist aber nicht machtlos. Solange die LTTE noch Widerstand leistet, wird die Regierung zwar kaum auf Kritik hören. Aber nach dem Sieg will sie Hilfe. Nach dreijähriger Schlacht ist die Insel finanziell ausgeblutet. Die internationale Gemeinschaft muss Hilfen daran knüpfen, dass die Regierung die Aussöhnung mit den rund drei Millionen Tamilen sucht. Rajapakse hat die Chance, den Tamilen zu zeigen, dass es sich unter den Singhalesen besser lebt als unter dem brutalen Prabhakaran. Es wäre fatal, wenn er diese Chance vergibt. mit dpa

Christine Möllhoff[Neu-Delhi]

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