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Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt.

© Kay Nietfeld/dpa

Bundesautobahngesellschaft: Dobrindt gegen Bayern - und den Rest

Der Bundesverkehrsminister weist den Vorschlag der Länder zur Verbesserung der Straßenbauverwaltung zurück. Er will an seinem Zentralisierungsprojekt festhalten.

Das Aufeinandertreffen war bemerkenswert. Am Dienstag saßen der Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und der bayerische Verkehrsminister Joachim Herrmann (beide CSU) in ihrer Fachministerkonferenz in Berlin zusammen – und vertraten deutlich konträre Meinungen. Konziliant im Ton, hart in der Sache. Dobrindt will die Länder entmachten, indem er ihnen die Planungs- und Ausführungszuständigkeit beim Bau und Erhalt zumindest der Bundesautobahnen nehmen will. Das System nennt sich Bundesauftragsverwaltung und gilt, zumindest bei Bundespolitikern, nicht zuletzt bei Dobrindt, als ineffizient. Herrmann dagegen will im Verein mit seinen Landeskollegen genau das verhindern und ein Modell dagegen setzen, das effizienter sein soll als die bisherige Bundesauftragsverwaltung. Sie funktioniert, vereinfacht gesagt, so: Der Bund macht eine Grobplanung des Bundesstraßennetzes und gibt das Geld, die Länder machen mit ihren Straßenverwaltungen die Feinplanung und sind für die Bauausführung zuständig. Doch gibt es im Verlauf der Straßenbauprojekte ein ständiges Pingpong zwischen den Bürokratien von Bund und Ländern, das Zeit raubt und Geld kostet.

Dobrindts Problem

Dobrindts Problem: Er bekommt in den nächsten Jahren viele Milliarden zusätzlich, vor allem für die Straße. Und dieses Geld muss nun relativ zügig verplant und verbaut werden. Ohne die Länder klappt das nicht. Doch Dobrindt sieht einige Landesverwaltungen schlecht aufgestellt - sie gefährden damit seinen "Investitionshochlauf". Er nennt die Länder nicht, aber es ist kein Geheimnis, dass im Berliner Verkehrsressort nicht zuletzt Nordrhein-Westfalen als Problemfall eingestuft wird. Bayern gilt dagegen als Musterfall, aber was den CSU-Mann Dobrindt freut, nützt dem für das Ganze verantwortlichen Bundesminister Dobrindt wenig. „Wir können uns keinen Investitionsstau leisten“, sagt er an die Adresse der Länder. Daher will er, im Verbund mit Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), eine zentralisierte Bundesautobahngesellschaft aufbauen. Gabriels Zusatzmotiv ist es, über eine solche Gesellschaft vermehrt private Mittel einzubinden. Herrmanns bayerische Meinung dazu: „Ich stehe dem Vorhaben ablehnend gegenüber.“ Er verwies auf einen einstimmigen Landtagsbeschluss, der ihn stützt. Der Frage, wo sich Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer positioniert habe, wichen Dobrindt und Herrmann aus.
Die Länderminister setzten Dobrindt am Dienstag ihr Modell entgegen, das einige von ihnen, darunter Herrmann, zusammen mit Ex-Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) erarbeitet haben. Es läuft auf eine Entzerrung des bisherigen Systems hinaus, um das Verwaltungspingpong zu beenden. Ziel ist mehr Eigenverantwortung der Länder statt Zentralisierung. Der Bund soll in der Anfangsphase von Projekten den Hut aufhaben und am Ende eine Art Abnahmekontrolle machen. Planung, Genehmigung und Umsetzung machen die Länder aber selbst. Akzeptieren würden die Länder eine Finanzierungsgesellschaft des Bundes, in der Haushaltsmittel, Mauteinnahmen und private Mittel gesammelt würden. Dobrindts Plan einer Umkrempelung der gesamten Straßenbauverwaltung halten sie entgegen, dass damit gerade in der Zeit des "Investitionshochlaufs" Reibungsverluste durch den Bürokratieumbau entstünden.

"Bund würde nicht zügiger arbeiten"

Christian Pegel (SPD), Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz und Ressortchef in Mecklenburg-Vorpommern, sagte dem Tagesspiegel: „Die Auftragsverwaltung hat sich bewährt. Sie kann – und muss – besser werden, aber sie muss nicht abgeschafft werden.“ Dass man nur mit zentraler Steuerung zu schnelleren Verfahren komme, halte er für nicht haltbar. „Das zeigen andere Bundesbehörden, die mitnichten zügiger als Landesverwaltungen Vorhaben abarbeiten.“ Gemeint sind damit die Bauverwaltung der Deutschen Bahn und vor allem die Wasserstraßenverwaltung des Bundes, die in Länderkreisen als überbesetzt und wenig effizient gilt. Pegel wirft den Bundespolitikern vor, bislang nur mit dem Beschleunigen von Baumaßnahmen zu argumentieren. Straßen und Brücken müssten aber auch gewartet werden. „Wie soll das denn effizienter werden, wenn künftig für jede Straßenart eigenes Personal vorgehalten würde“, fragt sich der SPD-Politiker.

Dobrindts Drohung

Dobrindt wies den Vorschlag der Länder nach einem zweistündigen Meinungsaustausch vehement zurück. Er verlängere nur die Schwächen des bestehenden Systems. Einige Länder seien auch dann mit ihren Verwaltungen nicht in der Lage, die Bundesvorgaben effizient umzusetzen – so wie bisher schon. Die Länder wollten mehr Geld vom Bund, aber weniger Mitsprache des Bundes, so Dobrindt. Das sei für ihn nicht akzeptabel. Er will im Gespräch bleiben, aber der Spielraum für einen Kompromiss sei gering, sagt er. Und er droht, nun mit den Ländern, die größere Defizite haben, nochmals Einzelgespräche zu führen. Im Extremfall will er diese Defizite auch publik machen - er will nicht allein verantwortlich sein, wenn die nun beschlossenen Mehrausgaben des Bundes durch Planungspannen und Zeitverzögerungen in den Ländern nicht umgesetzt werden können.

In der Bundesregierung wird jedenfalls die für die Bundesautobahngesellschaft nötige Grundgesetzänderung vorangetrieben. Die ist aber ohne die Länder nicht zu machen. Und ohne die Zustimmung der großen Länder schon gar nicht. Dobrindt, so scheint es, will kämpfen. Doch gilt das auch für Schäuble und Gabriel? Die Länderminister verweisen darauf, dass man den Hauptanliegen dieser beiden Bundesminister entgegengekommen sei. Schäuble bekomme die Finanzierungsgesellschaft, Gabriel die Möglichkeit zur Beteiligung privaten Kapitals. Man darf daher gespannt sein, ob die Bundesseite auch so geschlossen steht wie die Länderseite am Dienstag.

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