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Die Deutsche Post hat sich durch alle Instanzen geklagt, um das NPD-Blatt "Klartext" nicht in alle Leipziger Haushalte verteilen zu müssen. Nun ist sie vor dem Bundesgerichtshof gescheitert. Auch die NPD-Postille ist durch die Meinungsfreiheit gedeckt.

© dapd

Bundesgerichtshof: Post muss NPD-Blatt verteilen

Bundesgerichtshof pocht auf Pressefreiheit und sieht den Konzern in der Pflicht.

Von Frank Jansen

Die Deutsche Post AG hat in einem mehrjährigen Rechtsstreit mit der NPD eine Niederlage erlitten. Der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe verurteilte am Donnerstag das Unternehmen, die von der NPD-Fraktion im sächsischen Landtag herausgegebene Publikation „Klartext“ zu verteilen. Die Post sei zur Beförderung laut Postdienstleistungsverordnung verpflichtet, teilte der BGH mit. Die Post muss nun, wenn die NPD es will, einen „Rahmenvertrag“ über die Beförderung von „Klartext“ abschließen.

Damit endet eine Auseinandersetzung, die vor vier Jahren begann. Die NPD-Fraktion hatte im Oktober 2008 die Post beauftragt, 200 000 Exemplare der „Klartext“-Ausgabe 19 in Leipzig zu verteilen. Das lehnte der Konzern ab, die rechtsextreme Fraktion klagte. In den ersten beiden Instanzen, beim Landgericht Leipzig und dem Oberlandesgericht Dresden, bekam die Post recht. Das Unternehmen hatte argumentiert, es bestehe kein Beförderungszwang, weil die Publikation der NPD-Fraktion nicht konkret adressiert sei und es sich lediglich um eine Postwurfsendung handele, „deren Verteilung keiner Regulierung unterliegt“.

Dieser Sichtweise wollte sich der BGH im Gegensatz zu den sächsischen Gerichten nicht anschließen. Um die „flächendeckende Grundversorgung mit Postdienstleistungen sicherzustellen“ sei die Post, wie andere Lizenzträger, verpflichtet, „Universaldienstleistungen“ zu erbringen. Als solche sehen die Richter in Karlsruhe auch die Verteilung des rechtsextremen Druckwerks „Klartext“.

Für den BGH geht es zudem um die im Grundgesetz gewährleistete Pressefreiheit. Die Richter werten im Unterschied zur Post die Publikation der NPD-Fraktion als periodisch erscheinendes Presseerzeugnis und nicht als Flugblatt. Der Zivilsenat betonte, die Beförderung von Zeitungen sei Teil der Universaldienstleistung. Somit besteht im Sinne der Pressefreiheit ein „Beförderungszwang“ mit dem Ziel, Presseerzeugnisse dem Empfänger so günstig wie möglich zu liefern.

Die Post könne sich auch nicht verweigern, weil „Klartext“ von Rechtsextremisten herausgegeben wird. Die Pressefreiheit begründe für den Staat „eine inhaltliche Neutralitätspflicht, die jede Differenzierung nach Meinungsinhalten verbietet“, urteilte der BGH. Nur wenn der „Klartext“ gegen das Strafrecht verstoßen oder „rassendiskriminierendes Gedankengut“ enthalten würde, dürfte die Post die Beförderung ablehnen. Der Konzern hatte aber den politischen Inhalt nicht moniert, obwohl sich in der vierseitigen Nummer 19 des NPD-Blattes Parolen finden wie die Forderung, ausländische Straftäter zu „internieren“ und einer „Fremdengesetzgebung“ zu unterstellen.

Ein Sprecher der Post bedauerte das Urteil. Die NPD sprach von einem „Sieg der Meinungsfreiheit“.

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