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Der Bundestag hat letzte Hand an den Etat 2016 gelegt.

© dpa

Bundeshaushalt 2016: Schwarze Null mit Risiko

Der Bundeshaushalt 2016 ist ein Etat mit Fragezeichen - er hängt an der Entwicklung der Flüchtlingszahlen. Ob Schwarz-Rot ohne neue Schulden auskommt, ist unklar.

Eckhardt Rehberg ist zufrieden, Johannes Kahrs vorsichtig optimistisch. Doch die beiden haushaltspolitischen Sprecher – Rehberg für die Unions-Fraktion, Kahrs für die SPD – waren am Freitag bei der Vorstellung des endgültigen Etats für 2016 auch unsicher. Denn ob der Haushaltsabschluss im kommenden Jahr ungefähr so aussieht wie die Soll-Zahlen jetzt, das ist noch ungewisser als sonst. Vieles hängt von der Entwicklung der Flüchtlingszahlen ab, aber nicht nur – da ist der Ölpreis, der Euro-Kurs, die Weltkonjunktur, die Leitzinshöhe. Andere Krisen, sagte Kahrs, verliefen ja parallel weiter zu der um die Flüchtlinge. Man schaue gewissermaßen in die Glaskugel, ergänzte Rehberg. Beide stellten nach der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses die endgültigen Etatwerte für 2016 vor.
Trotz der gestiegenen Kosten für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen will die schwarz-rote Koalition im kommenden Jahr ohne neue Schulden auskommen. Auch nach den letzten Änderungen, bei denen man schon die nochmals gestiegenen Flüchtlingszahlen im Herbst einbezogen hat, halten Union und SPD am Ziel der schwarzen Null für 2016 fest. Es wäre das dritte Jahr in Folge. Im Verlauf der Beratungen war zwar erwogen worden, vielleicht doch schon zu erklären, dass es nicht ohne neue Schulden gehen wird. Aber dann setzte sich die pragmatischere Sichtweise durch: Erst mal schauen, wie das Jahr läuft. Nachbessern geht immer. Auch 2015 hatte der Bund ja zwei Nachtragshaushalte. Und das könnte auch im kommenden Jahr der Fall sein. Der springende Punkt ist die Aufteilung der Flüchtlingskosten zwischen Bund und Ländern. Die beruht, vereinfacht gesagt, auf der Annahme von 800000 Asylantragsfällen im kommenden Jahr und einer Verfahrensdauer von gut fünf Monaten. Fällt diese kürzer aus, kommen viele Flüchtlinge früher in Hartz IV – dann wird es teurer für den Bund. Kommen mehr Flüchtlinge als gedacht (und das war die Erfahrung sowohl 2014 als auch 2015), dann müssen Länder und Kommunen quasi in Vorleistung gehen. Und da ist die Erfahrung, dass die Ministerpräsidenten schnell Nachverhandlungen fordern, etwa eine quartalsweise Neuberechnung statt der jetzt vereinbarten Abrechnung zum Jahresende. Auch dann wird es teurer für den Bund.

Vor allem de Maizières Etat wächst stark

Im neuen Etat sind nun Mehrausgaben des Bundes in Höhe von gut 7,5 Milliarden Euro vorgesehen, die auf die Flüchtlingszahlen zurückgehen. Etwa 4,3 Milliarden davon sind Zahlungen an Länder und Kommunen. Zu den 3,3 Milliarden Euro auf Bundesseite gehören nicht zuletzt die Personalsteigerungen beim Bundesamt für Migration und bei der Bundespolizei, der Etat von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat mit einem Plus von gut einem Drittel entsprechend die größte Volumensteigerung. Im Etat von Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) sind Mehrausgaben für Sozialleistungen vorgesehen. Auch in anderen Ressorts gehen die höheren Ausgaben zum Teil auf die Flüchtlinge zurück, etwa für Integration oder mehr internationale Hilfe. Aber dass alle Ministerien 2016 mehr ausgeben dürfen als im laufenden Jahr, das hängt – und das war Rehberg und Kahrs wichtig – auch mit den Beschlüssen der Koalition zusammen, wieder mehr zu investieren, etwa für Infrastruktur. Die Investitionsmittel seien gegenüber dem Plan vom Sommer nicht gekürzt worden. Doch ist der Etat 2016 auf Kante genäht. Die schwarze Null wird nur gehalten dank der Rücklage, die in diesem Jahr zusammenkommt und 6,1 Milliarden Euro umfassen soll. Und dann ist da noch der einzige Posten, der mit einem dicken Minus versehen ist: die Bundesschuld. Also die Zinszahlungen. Sie gehen um nochmals 10,6 Prozent auf gut 25 Milliarden Euro zurück. Der niedrige Leitzins verschafft auch im kommenden Jahr der Koalition einige Luft.

Opposition ist pessimistisch

Die Opposition ist naturgemäß etwas pessimistischer. Tobias Lindner von den Grünen glaubt nicht, dass Schwarz-Rot mit dem jetzigen Plan zurechtkommen wird. „Zu wenig und zu spät“ – so lautet sein Fazit mit Blick auf die Ausgaben für die Aufnahme und die Unterbringung der Flüchtlinge. Die veranschlagten Summen reichten nicht, sagt er. Mit seinem Linken-Kollegen Roland Claus war er sich am Freitag sicher, dass einige Milliarden Euro mehr nötig sein werden. Der Haushaltsausschuss des Bundestags wird 2016 wohl mehr zu tun haben als in einem Normaljahr. Wobei einige der Abgeordneten dort ein solches Normaljahr noch gar nicht erlebt haben.<TH>Denn Haushaltspolitik wird seit 2008 im Krisenmodus gemacht: wegen der globalen Finanzwirren, wegen der Euro-Turbulenzen, wegen der Flüchtlinge. </SB>[AUTOR_UNTEN]Albert Funk[/AUTOR_UNTEN]

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