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Kanzlerin Merkel zu Besuch in Athen. Bei einer Veranstaltung mit jungen Gründern wird sie begleitet von Premier Samaras.

© AFP

Bundeskanzlerin in Griechenland: Angela Merkel: wichtig, aber ungeliebt

Die Hasstiraden gegen Merkel sind weitgehend abgeebbt. Doch willkommen ist die Bundeskanzlerin nicht allen bei ihrem Griechenland-Besuch. Premier Samaras versteht ihre Visite als Rückenwind für sich.

Als der Luftwaffen-Airbus der Kanzlerin am Freitagnachmittag aus einem fast wolkenlosen Himmel über der blauen Bucht von Marathon zum Anflug auf den Athener Flughafen Eleftherios Venizelos einschwebte, stand der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras schon auf dem Vorfeld bereit, flankiert von schmucken Gardesoldaten. Dass Samaras persönlich zum Flughafen gekommen war, um Angela Merkel zu begrüßen, ist ungewöhnlich für einen Arbeitsbesuch, unterstreicht aber, welche Bedeutung er dem Besuch beimisst. Die Zeitung „Ethnos“ hatte es in einer Schlagzeile auf den Punkt gebracht: Die Visite der Kanzlerin sei „ein zweites Vertrauensvotum“ – nach der geglückten Rückkehr Griechenlands an den Kapitalmarkt tags zuvor.

Tatsächlich hängen beide Ereignisse nicht nur zeitlich eng zusammen. Ihre wichtigste Botschaft, nicht nur an die Griechen, sondern auch an die Anleger, hatte Merkel auf dem CDU-Europaparteitag vor einigen Tagen verkündet: „Wir stehen Griechenland zur Seite.“ Dieses Versprechen dürfte der Bond-Emission vom Donnerstag Rückenwind gegeben haben.

Aber nicht allen Griechen ist die Kanzlerin willkommen. Die Hasstiraden gegen Merkel, mit denen noch vor zwei Jahren manche griechische Zeitungen ihre Seiten füllten, sind zwar weitgehend abgeebbt. Aber beliebt ist Merkel in Griechenland nach wie vor nicht. Viele Menschen machen die „eiserne Kanzlerin“ persönlich für Arbeitslosigkeit und Armut verantwortlich. Der radikal-linke Oppositionsführer Alexis Tsipras erklärte, Merkel komme nur nach Athen, um „ihren Repräsentanten Samaras“ zu unterstützen.

Merkel: „Ich bin gekommen, um Ihre Sorgen zu hören“

Syriza hatte für den Abend zu Protesten gegen die Kanzlerin aufgerufen. Merkel dürfte davon kaum etwas mitbekommen. Denn die Polizei hatte, wie schon beim vorangegangenen Besuch der Kanzlerin im Oktober 2012, das Regierungsviertel weiträumig abgeriegelt. Nachdem tags zuvor vor dem Gebäude der griechischen Zentralbank in Athen eine Autobombe explodiert war, wurden die Sicherheitsvorkehrungen für die Bundeskanzlerin noch einmal verschärft.

Über abgesperrte Straßen fuhr Merkel vom Flughafen direkt zu einem Treffen mit griechischen Jungunternehmern und Existenzgründern. „Ich bin gekommen, um Ihre Sorgen zu hören“, sagte die Kanzlerin. Sie wisse, mit welchen Schwierigkeiten das Land und seine Menschen kämpften, sagte Merkel und versuchte, den jungen Unternehmern Mut zu machen: „Die Chancen und die Möglichkeiten überwiegen, trotz der schweren Wegstrecke.“ Samaras lobt die Unternehmer für ihren Mut und sagte: „Die Griechen haben den unternehmerischen Geist.“

Merkel kam nicht mit leeren Händen nach Athen. Nach dem Treffen mit den Wirtschaftsvertretern unterzeichnete sie mit Premier Samaras eine Vereinbarung über die Gründung einer griechischen Förderbank, an der sich Berlin und Athen zunächst mit je 100 Millionen Euro beteiligen wollen. Diese „Institution für Wachstum“ soll kleinen und mittelgroßen griechischen Unternehmen günstige Kredite geben, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

Tsipras äußert sich meist ungalant oder sogar grob ausfallend über Merkel

Dieses Projekt hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bereits bei seinem Athen-Besuch im Juli 2013 angekündigt. Es kam aber bisher wegen bürokratischer Hürden in beiden Ländern kaum voran. Jetzt wollen Merkel und Samaras Druck machen. Zu einem späteren Zeitpunkt könnten sich auch die Europäische Union, die Europäische Investitionsbank und andere Länder an diesem Vorhaben beteiligen. Der Plan zeigt: Neben Spar- und Reformvorgaben setzt man in Berlin nun offenbar verstärkt auf Initiativen, die Griechenland zum Wachstum zurückführen sollen.

Ein Treffen mit Oppositionsführer Alexis Tsipras stand auch diesmal nicht auf Merkels Besuchsprogramm. Das wäre auch unüblich während eines Arbeitsbesuchs. Überdies könnte man der Kanzlerin eine gewisse Distanz nicht verübeln, denn Tsipras äußert sich meist ungalant oder sogar grob ausfallend über Merkel. Vielleicht wird sie dem exzentrischen griechischen Linkspolitiker aber doch noch einmal begegnen, dann womöglich sogar nicht mehr in seiner Eigenschaft als Oppositionschef – sondern politisch auf Augenhöhe: In einer am Freitag veröffentlichten Meinungsumfrage ist die Partei von Tsipras, Syriza, mit drei Prozentpunkten vor der konservativen Nea Dimokratia von Ministerpräsident Samaras die stärkste Partei.

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