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Politik: Bundespolizei unter Beobachtung

Experten kritisieren die Zentralisierung als Rückschritt/ BKA-Chef spricht von gutem Konzept

Berlin - Gegen die geplante Reform der Bundespolizei formiert sich Widerstand. Polizeipräsidenten, Bundespolizeigewerkschaft und Experten lehnen das zunächst von Union und SPD gemeinsam getragene Projekt ab. Ihre Argumente: Erstens verschlechtere das Vorhaben, die Bundesbereitschaftspolizeidirektion zu schaffen, die Arbeit der geschlossenen Einheiten. Zweitens seien die Strukturen weder mit den Beschäftigten besprochen noch in ihrer Notwendigkeit belegt. Und drittens werde eine Sicherheitsarchitektur geschaffen, die einer parlamentarischen Debatte bedürfe, nicht eines Dekrets des CDU-geführten Bundesinnenministeriums (BMI).

Hubert Wimber, Polizeipräsident in Münster, attestiert der Reform zwar eine „vernünftige interne Logik“, die den Erkenntnissen der Organisationswissenschaft entspräche. Allerdings konstatiert er eine „schleichende Organisationsentwicklung“, die eine „grundsätzliche Standortbestimmung der Bundespolizei“ erforderlich mache, „die nicht vorrangig von der Exekutive, sondern vom Deutschen Bundestag im Dialog mit den Ländern zu führen ist“. Wimbers Berliner Kollege, Polizeipräsident Dieter Glietsch, beurteilt die Effektivität der geplanten Reform, nicht nur bei der Bereitschaftspolizei, skeptischer. Allerdings bemängelt er insbesondere die Art, wie die Reform durchgeführt werde. Selbst seine Nachfragen als geladener Experte seien vom BMI unbeantwortet geblieben. „Wer gute Argumente hat, kann sich Transparenz leisten“, sagt Glietsch.

Auch in der Politik wird wieder über die bis zum vergangenen Jahr zwischen Union und SPD unstreitige Reform debattiert. Seit zwischen den Innenpolitikern der Bündnispartner nicht mehr viel geht, hakt es auch bei dieser eher organisatorischen Frage. Am Montag hatte der Innenausschuss des Bundestages zu einer Expertenanhörung geladen. Das Vorschlagsrecht sichert der Koalition hier eine Mehrheit. Die Urteile der Experten fielen dennoch mehrheitlich skeptisch aus.

Der mit der Vorbereitung der Reform betraute Leiter des Aufbaustabes für ein neues Bundespolizeipräsidium, Matthias Seeger, konstatierte hingegen in seiner Stellungnahme: „Die Neuorganisation ist aus sicherheitspolitischer Sicht zwingend erforderlich.“ Mit der beabsichtigten Neuorganisation würden Entscheidungsprozesse optimiert und die polizeiliche Präsenz um 1 000 Kräfte verstärkt. Die derzeitige Koordination der Bereitschaftspolizei beim Bundesinnenministerium (BMI) sei unsinnig. Er unterstütze die Einrichtung einer zentralen Direktion der Bundesbereitschaftspolizei.

Ebenfalls für die Reform sprach der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke. Jener beurteilte die Reform primär im Hinblick auf die Interessen des BKA. Ziercke erwartet hier eine bessere Kooperation im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum und im Gasim (Gemeinsames Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration). Insgesamt schließt sich Ziercke dem Konzept an: „Aus Sicht des BKA ist die Bundespolizei durch die Neuorganisation für die künftigen Herausforderungen adäquat aufgestellt.“

Die Reform sollte ursprünglich zum 1. Januar 2008 umgesetzt werden. Jetzt strebt die Union den 1. März an. Die SPD will sich darauf nicht festlegen. Nach der Anhörung sagte der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz: „Der 1. März ist unrealistisch.“

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