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Grundmauern und Trümmer im zerstörten französischen Dorf Oradour.

© AFP

Bundespräsident in Oradour: Gauck besucht Ort von SS-Massaker

Im französischen Dorf Oradour verübte die Waffen-SS 1944 ein entsetzliches Massaker. Mit Joachim Gauck fährt erstmals ein deutscher Staatschef nach Oradour, um der Opfer des NS-Verbrechens zu gedenken.

Es gibt Orte, an denen das Grauen der nationalsozialistischen Verbrechen bis heute sichtbar ist. Das Ausmaß der an diesen Orten begangenen Verbrechen übersteigt oft die Grenzen der Vorstellungskraft. Einer dieser Orte ist das französische Dorf Oradour-sur-Glane. Die Waffen-SS verübte dort eines der entsetzlichsten Massaker des Zweiten Weltkriegs. Als erster deutscher Staats- oder Regierungschef wird Bundespräsident Joachim Gauck am Mittwoch das Dorf besuchen.

Am Nachmittag des 10. Juni 1944 umstellten Angehörige einer Panzerdivision der Waffen-SS das Dorf Oradour. Den Bewohnern befahlen sie, sich auf dem Marktplatz zu versammeln, da ihre Ausweise geprüft werden sollten. Die Männer wurden von den Frauen und Kindern getrennt, in mehrere Scheunen gebracht und dort erschossen. Frauen und Kinder wurden in die Kirche des Dorfes gesperrt, SS-Männer zündeten im Inneren des Gebäudes einen Sprengsatz und warfen von außen Handgranaten in die Kirche. Wer zu fliehen versuchte, wurde erschossen. Die Kirche, die Scheunen und das gesamte Dorf wurden bis auf die Grundmauern niedergebrannt.

Insgesamt töteten deutsche SS-Männer in Oradour an diesem Tag 642 Menschen. Sie wurden erschossen, erstickt, verbrannt. Unter den Opfern waren 207 Kinder. Nur sechs Bewohner des Dorfes überlebten das Massaker. Das zerstörte Dorf wurde nach dem Krieg zum nationalen Denkmal. In der Nähe entstand ein neues Oradour. Die Ruinen des alten Dorfes stehen noch heute.

Gegen sechs Verdächtige wird in Deutschland ermittelt

Der Überlebende Robert Hébras, dessen Mutter und Schwestern in Oradour ermordet worden waren, wird Gauck und Frankreichs Präsident François Hollande an diesem Mittwoch durch das Ruinendorf führen. Der Bundespräsident hat bereits bei früheren Auslandsreisen gezeigt, dass ihm das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus am Herzen liegt. Im vergangenen Jahr besuchte er das tschechische Lidice und im Frühjahr das italienische Sant’Anna di Stazzema, beide Dörfer waren Schauplätze nationalsozialistischer Massaker.

Gegen sechs frühere SS-Männer wird heute, mehr als 69 Jahre nach der Tat, in Deutschland wegen des Verbrechens von Oradour ermittelt. In Frankreich seien Zeugen befragt worden, darunter der Überlebende Hébras, sagte Andreas Brendel, Leiter der nordrhein-westfälischen Zentralstelle für die Bearbeitung von NS-Verbrechen, dem Tagesspiegel. Noch ist allerdings unklar, ob sich einer oder mehrere der Tatverdächtigen am Ende für das Massaker in Oradour vor Gericht verantworten müssen.

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