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Politik: Bundespräsident Rau mischt sich ein und warnt vor Aushöhlung geltenden Rechts bei Ladenschluss

In die Auseinandersetzung um den Ladenschluss hat sich am Donnerstag Bundespräsident Johannes Rau eingemischt und davor gewarnt, neue Fakten zu schaffen, indem "geltendes Recht ausgehöhlt oder offen verletzt wird". "Auch ich kann mir andere Regelungen zum Ladenschluss vorstellen.

In die Auseinandersetzung um den Ladenschluss hat sich am Donnerstag Bundespräsident Johannes Rau eingemischt und davor gewarnt, neue Fakten zu schaffen, indem "geltendes Recht ausgehöhlt oder offen verletzt wird". "Auch ich kann mir andere Regelungen zum Ladenschluss vorstellen. Aber der Sonntag ist kein beliebiger Tag", sagte Rau in Köln. Es entspreche christlicher Tradition, den Sonntag nicht "zur Verfügungsmasse für Konsum und Verkauf zu machen". Das Berliner Verwaltungsgericht lehnte den Antrag des Kaufhofs am Alexanderplatz ab, auch an weiteren Sonntagen sein gesamtes Sortiment zu verkaufen. Das widerspreche dem geltenden Gesetz und sei ein "durchsichtiger Versuch" zur Umgehung des generellen Verkaufsverbots am Sonntag. Der Kaufhof hatte am vorigen Sonntag alle Artikel als Souvenir deklariert, um der Berliner Ausnahmeregelung für den Sonntagsverkauf touristischer Waren zu entsprechen. Das Regierungspräsidium Halle in Sachsen-Anhalt untersagte der Stadt, am kommenden Sonntag den Geschäften die Öffnung zu erlauben.

Die Berliner Richter verurteilten die Praxis des Kaufhofs, sämtliche Artikel als "Souvenir" auszuzeichnen, um damit der Berliner Sonderregelung zu entsprechen. Das störe den Rechtsfrieden und führe zu Wettbewerbsverzerrungen. Der Kaufhof legte Widerspruch ein, versprach aber, sich einem Verkaufsverbot nicht zu widersetzen. In Berlin ist in einigen Stadtgebieten sonntags der Verkauf touristischer Artikel erlaubt.

Sachsens Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) kündigte am Donnerstag eine Initiative für bundesweit liberalere Verkaufsregelungen auch an Sonntagen an. Sein Ziel sei die Freigabe des Verkaufes von Montag null Uhr bis Sonnabend 24 Uhr. Bei der Sonntagsregelung sollten die Bundesländer und die Kommunen nach sächsischem Vorbild freie Hand bekommen. Diese Regelung geht weiter als die Berliner Bundesratsinitiative, die den Läden künftig bundesweit eine Öffnung an Werktagen zwischen 6 und 22 Uhr erlauben will. Die meisten Bundesländer sind für eine Lockerung des Ladenschlusses unter der Woche, aber gegen eine generelle Öffnungserlaubnis für Sonntage.

In Rostock, Schwerin und Wismar können die Geschäfte vorerst weiter sonnabends auch nach 16 Uhr sowie an Sonntagen öffnen. Das Verwaltungsgericht Schwerin lehnte einen Eilantrag gegen die sogenannte Bäderregelung in diesen drei Städten weitgehend ab. Geklagt hatten zwei Kirchengemeinden, drei Einzelhändler und sechs Arbeitnehmer. In Mecklenburg-Vorpommern nutzen derzeit 190 Orte und Stadtzentren die seit 1992 geltende Bäderregelung, die in touristischen Gebieten an Sonnabenden die Öffnung bis 20 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 11 Uhr 30 bis 18 Uhr 30 erlaubt.

In Sachsen-Anhalt hat das Regierungspräsidium Halle jegliche Ladenöffnung in der Stadt am kommenden Sonntag untersagt. Auch für den vergangenen Sonntag war eine Öffnung untersagt worden, ebenso wie in Dessau öffneten Einzelhändler sowie Kauf- und Warenhhäuser dennoch ihre Pforten und konnten nach Angaben von Verbandssprechern Rekordumsätze erzielen. Weil eine Verbotsverfügung relativ spät erlassen worden war, verzichteten Regierungspräsidien und das Sozialministerium von Sachsen-Anhalt auf Sanktionsmaßnahmen gegen die Händler. Die Stadt Dessau will aber ihren innerstädtischen Händlern auch am kommenden Sonntag wieder die Öffnung der Geschäfte erlauben. "Wir haben das Innenstadtgebiet zur Tourismusregion erklärt", sagt ein Stadtsprecher. Auch zahlreiche Einzelhändler der Landeshauptstadt Magdeburg haben die Genehmigung von Sonntags-Öffnungszeiten gefordert.

Das Verwaltungsgericht Halle hat am Donnerstag abend gegen die Ladenöffnung am Sonntag in der Stadt Halle entschieden. Damit lehnten die Richter einen Eilantrag der Stadtverwaltung ab und bekräftigten das vom Regierungspräsidium ausgesprochene Verbot. Die Stadt reagierte darauf mit einer Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Magdeburg sowie der Ankündigung, die Geschäfte auf jeden Fall zu öffnen. "Die Situation für unsere Einzelhändler und für die Bevölkerung in Halle ist so ernst, dass wir den derzeitigen Rechtsstreit nicht zu den Akten legen können", sagte Bürgermeisterin Dagmar Szabados unmittelbar nach dem Urteil.

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