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8,50 je Stunde – das soll künftig der Mindestlohn in Deutschland sein, einheitlich in allen Branchen, in allen Regionen. Reinigungskräfte bekommen derzeit nur mindestens sieben Euro.

© dpa

Bundesrat: 8,50 für alle

Die neue SPD-geführte Bundesratsmehrheit stimmt für einen bundesweiten Mindestlohn von 8,50 Euro. Der soll für all Branchen gelten.

Berlin - Es ist ungewöhnlich, dass ein Landesminister in einer Debatte im Bundesrat sich auf die Rednerliste setzen lässt, wenn zuvor schon der eigene Regierungschef redet. Denn eigentlich hat eine Landesregierung nur eine Meinung. Thüringen vertrat am Freitag zwei. Und zwar beim Mindestlohn. Obwohl die schwarz- rote Koalition in Erfurt erst im Dezember einen eigenen Landesantrag für einen bundesweiten Mindestlohn in den Bundesrat eingebracht hat – der als Kompromiss zwischen den Positionen von Schwarz-Gelb und Rot-Grün gedacht war. Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) und ihr Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) standen damals geschlossen da und mussten sich Kritik aus dem jeweiligen Lager anhören. Am Freitag standen sie nicht mehr so geschlossen.

Es ist jetzt eben bundesweiter Wahlkampf. Und in dem soll der Mindestlohn eine Rolle spielen, damit man die Lager klar und deutlich auseinanderhalten kann. Kompromiss steht da nicht auf dem Plan von SPD, Grünen und Linken. Sie wollen den flächendeckenden Mindestlohn, die SPD schlägt 8,50 Euro für die Arbeitsstunde vor, die Linke will noch mehr. Union und FDP stellen ein Modell dagegen, in dem die Tarifparteien regional unterschiedliche Lohnuntergrenzen aushandeln sollen. Je nach Wirtschaftslage.

Was das für Thüringen bedeuten würde, machte Machnig deutlich: Dort lägen tariflich vereinbarte Lohnuntergrenzen im Friseurhandwerk bei 3,18 Euro, in der Floristik bei 4,44 Euro, im Gartenbau bei 5,93 Euro. Die neue rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zog daraus den Schluss, die Lohnuntergrenze sei der falsche Ansatz. Menschen, zumal wenn sie einen Berufsausbildung hätten, müssten von ihrem Einkommen auch ohne staatliche Unterstützung leben können. In Berlin allein zum Beispiel gibt es laut DGB 140 000 Aufstocker. „Wir dürfen nicht sehenden Auges die Altersarmut von morgen schaffen“, sagte Dreyer. Der Mindestlohn müsse flächendeckend gleich sein. Im Übrigen wolle die SPD keinen gesetzlichen, also vom Bundestag festgelegten Mindestlohn, sondern sehe eine Kommission vor – je zu einem Drittel mit Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Wissenschaftlern besetzt. Vorbild dafür ist Großbritannien.

Die neue Mehrheit stimmte für den rot-grünen Vorschlag. Für den Thüringer Antrag warb Lieberknecht allein. Auch er sieht einen flächendeckenden Mindestlohn vor und auch eine Kommission, die entscheiden soll – besetzt allerdings nur mit den Tarifparteien plus einem Schlichter, falls Einigkeit nicht erzielt wird. Das sei eine realistische Lösung, der alle Seiten noch vor der Bundestagswahl zustimmen könnten, betonte Lieberknecht. Aber das wollen alle Seiten eigentlich gar nicht.

Weniger aus Wahlkampfgründen als aus Prinzip schickte die Oppositionsmehrheit das Umsetzungsgesetz zum EU-Fiskalvertrag in den Vermittlungsausschuss. Zwar warf der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) dem politischen Gegner vor, die Bundesregierung auf EU-Ebene schwächen zu wollen. Immerhin sieht es nicht gut aus, wenn die Umsetzung des Fiskalvertrags ausgerechnet in Deutschland stockt, das die EU-Partner zu dem Abkommen gedrängt hat. Doch auch die drei verbliebenen schwarz-gelben Koalitionen, die nicht mit der Mehrheit stimmten, stützen das Anliegen zumindest in Teilen. Aus Sicht der Länder hält sich der Bund nämlich nicht an Zusagen, die er gemacht hat, um die Zustimmung des Bundesrats zum Fiskalvertrag zu bekommen. Der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) sagte, es gehe nicht um Blockade, sondern um Planungssicherheit. Laut Kühl dreht sich der Streit vor allem um Mittel für Straßenbau, Hochschulen oder Wohnraumförderung, die bis 2019 vereinbart werden sollten (der Bund will hingegen vorerst nur Gelder bis 2014 fest zusagen) und um eine Unterstützung der Länder bei der Kreditaufnahme durch gemeinsame Anleihen mit dem Bund. Daran sind allerdings vor allem die hoch verschuldeten Länder interessiert – der Bund sperrt sich, weil er kein deutsches Vorbild für Eurobonds schaffen will.

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