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Bundesrat: Atommeiler dürfen vorerst länger laufen

Kanzlerin Merkel bringt die Gesetze im Bundesrat durch – aber wenn Bundespräsident Wulff unterschreibt, klagt die SPD in Karlsruhe.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke in Deutschland ist vorerst beschlossene Sache. Im Bundesrat kam am Freitag keine Mehrheit für einen Einspruch zustande. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wendete mit einem Kompromissangebot in letzter Minute auch einen drohenden Einspruch von unionsregierten Ländern gegen die Brennelementesteuer ab, der ein Vermittlungsverfahren über diesen Teil des Gesamtpakets erzwungen hätte. Die SPD-Länder bekräftigten aber, dass sie die Laufzeitverlängerung selbst vom Bundesverfassungsgericht kippen lassen wollen.

Mehrere Unionsländer hatten vor der Bundesratssitzung verlangt, dass der Bund ihnen absehbare Mehrkosten durch die Brennelementesteuer ersetzen müsse. Diese Kosten von geschätzten 500 Millionen Euro für Länder und Gemeinden entstehen, indem die Steuer in den Bundeshaushalt fließt, die Energieunternehmen sie aber von der Gewerbe- und Körperschaftssteuer absetzen können. Nach stundenlangen nächtlichen Beratungen sicherte die Bundesregierung den Ländern in einer Erklärung zu, dass eine gemeinsame Arbeitsgruppe die tatsächlichen Kosten ermitteln und der Bund dann eine Kompensation „prüfen“ wolle. Während CDU-Ministerpräsidenten sich zuversichtlich zeigten, dass es zu Ausgleichszahlungen kommt, sprach die nordrhein- westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) von einer „Beerdigung erster Klasse“.

Das gesamte Gesetzespaket muss jetzt der Bundespräsident auf seine Verfassungsmäßigkeit prüfen. Hat Wulff keine Einwände, muss er bis Ende Dezember unterschreiben, damit die Gesetze wie vorgesehen am 1. Januar in Kraft treten können. Die SPD-geführten Länder kündigten für diesen Fall an, dass sie umgehend Klage in Karlsruhe einreichen werden. Sie sehen die Rechte des Bundesrats verletzt, weil die Regierung die Laufzeitverlängerung für nicht zustimmungspflichtig erklärt hat. Beck betonte, selbst die Experten des Bundesjustiz- und des Innenministeriums hielten allenfalls eine „moderate“ Laufzeitverlängerung ohne Bundesrat für machbar. Bei Laufzeiten bis ins Jahr 2040 könne von „moderat“ aber keine Rede mehr sein.

Beck verteidigte zugleich, dass die rot-grüne Bundesregierung ihren Atomkonsens ebenfalls am Bundesrat vorbei beschlossen hatte. Während damals die Länder von Aufgaben entlastet worden seien, gehe es jetzt um zusätzliche Belastung. Einen Eilantrag auf einstweilige Verfügung wollen die Länder aber nicht stellen. Dies wäre verfassungsrechtlich „höchst problematisch“, sagte Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD).

Unklar ist, ob einzelne Unionsländer sich mit einer Gegenklage in Karlsruhe revanchieren. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hat in Aussicht gestellt, gegen den rot-grünen Atomkonsens zu klagen.

Gegner des geplanten Atomendlagers in Gorleben erteilten unterdessen einem Gesprächsangebot von Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) eine Absage. Röttgen hatte am Donnerstag angekündigt, er wolle am 2. Dezember im Wendland einen „Dialogprozess“ beginnen. Ein Sprecher der Bürgerinitiative erklärte, da die Regierung alle Entscheidungen schon gefällt habe, sei das Angebot eine bloße „Leerformel“.

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