zum Hauptinhalt

Bundesrat: Die Schuldenbremse kommt

Der Bundesrat hat die Änderung des Grundgesetzes zur Installierung einer Schuldenbremse gebilligt. Außerdem beschloss er eine Rentenerhöhung.

Nach mehr als zweijährigen Verhandlungen ist eine schärfere Schuldenbremse für Bund und Länder beschlossene Sache. Nach dem Bundestag billigte auch der Bundesrat mehrheitlich die Grundgesetzänderung. Sie verbietet den Ländern praktisch neue Kredite und setzt dem Bund bei der Neuaufnahme von Schulden enge Grenzen. Ihm wird von 2016 an nur noch ein Spielraum von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) pro Jahr zugestanden, das entspricht derzeit rund neun Milliarden Euro.

Rentenerhöhung kommt

Der Bundesrat hat der höchsten Rentenerhöhung seit mehr als zehn Jahren zugestimmt. Damit steigen die Renten zum 1.Juli im Westen um 2,41 Prozent, im Osten um 3,38 Prozent. Höher fiel die Anpassung zuletzt 1994 im Westen und 1997 im Osten aus. Im vergangenen Jahr gab es für die rund 20 Millionen Rentner einheitlich 1,1 Prozent mehr.

Auskunfteien müssen Einstufungen offenlegen

Die Bürger erhalten mehr Rechte gegenüber Auskunfteien. Diese müssen künftig offenlegen, nach welchen Maßstäben sie die Kreditwürdigkeit von Konsumenten beurteilen. Der Bundesrat billigte die Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes, die ab 1. April 2010 gilt.

Mit dem sogenannten Scoring, einem mathematisch-statistischen Verfahren, wird berechnet, wie hoch das Risiko ist, dass ein Kunde seine Schulden nicht bezahlen könnte. Auskunfteien wie beispielsweise die Schufa müssen nun gespeicherte personenbezogene Daten, die für Kredite oder andere Verträge wichtig sind, offenlegen und erklären. Die Auskunft ist einmal im Jahr kostenlos. Verbraucher können fehlerhafte Einstufungen korrigieren lassen.

Die Erfassung von Geodaten wie des Wohnorts ist weiter zulässig. Allerdings dürfen für die Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts nicht ausschließlich Anschriftendaten genutzt werden. Der Wohnort allein darf demnach nicht ausschlaggebend dafür sein, wie eine Auskunftei die Bonität eines Verbrauchers beurteilt.

Anteil von Biosprit in Benzin wird nicht gesenkt

Der Bundesrat hat die vom Bundestag geforderte Senkung des Biosprit-Anteils im Benzin überraschend erneut zurückgewiesen. Er widersprach damit den Empfehlungen des Vermittlungsausschusses beider Häuser. Der Bundestag kann diesen Beschluss in der kommenden Woche allerdings überstimmen. Setzt sich der Bundesrat am Ende durch, würde auf eine rückwirkende Senkung des Biokraftstoff-Anteils bei der Beimischung zu fossilem Sprit von 6,25 auf 5,25 Prozent für dieses Jahr verzichtet. Dies soll der wirtschaftlich angeschlagenen Biokraftstoffbranche helfen. Mit seinem Einspruch gegen das vom Bundestag beschlossene Gesetz folgten die Länder einem Antrag von Mecklenburg-Vorpommern.

Härteres Vorgehen gegen Gammelfleisch

Die Verbraucher sollen besser vor Gammelfleisch geschützt werden. Der Bundesrat beschloss die Erhöhung der Bußgelder, sie steigen von 20.000 Euro auf 50.000 Euro. Die Verbraucher sollen außerdem besser über schwarze Schafe unter den Unternehmen informiert werden. Unternehmer müssen den Behörden künftig melden, wenn ihnen verdorbenes Fleisch angeboten wird. Das Gesetz gilt als Schlusspunkt eines Zehn-Punkte-Programms gegen Gammelfleisch, das die Bundesregierung 2005 nach mehreren Lebensmittelskandalen auf den Weg gebracht hatte.

Vermögensaufteilung nach der Scheidung

Nach Scheidungen soll das Vermögen der Eheleute gerechter aufgeteilt werden. Der Bundesrat billigte ohne Aussprache die Änderung des sogenannten Zugewinnausgleichs. Das Gesetz, von dem Eheverträge nicht betroffen sind, hält an dem Grundsatz fest, dass der während der Ehe erzielte Zugewinn bei einer Scheidung gleichmäßig aufgeteilt wird. In die Ehe eingebrachte Schulden werden nicht mehr mit dem Zugewinn verrechnet. Bisher konnten Schulden eines Partners dazu führen, dass der andere nach der Scheidung einen Ausgleich zahlen musste, obwohl sein Zugewinn nicht höher war als der des Partners. Die geänderten Vorschriften sollen zudem verhindern, dass ein Partner vor einer Scheidung schnell noch Vermögen in Sicherheit bringt oder ausgibt.

Geändert wird auch das Betreuungsrecht. Ein Vormund soll künftig Geldgeschäfte einfacher erledigen können. Wollte ein Vormund für den Betreuten Geld vom Girokonto abheben oder überweisen, brauchte er dafür bislang eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, wenn mehr als 3000 Euro auf dem Konto waren. Diese Grenze entfällt jetzt.

Beratung für Spätabtreibende

Auch der Bundesrat hat der Neuregelung für Spätabtreibungen mit erweiterten Beratungsauflagen für Ärzte gebilligt. Der im Bundestag Mitte Mai nach jahrelangem Streit fraktionsübergreifend erzielte Kompromiss kann damit Gesetz werden. Danach müssen Ärzte auch bei Abtreibungen ab der 13. Woche eine Beratung anbieten, die die Schwangere allerdings ablehnen kann. Zugleich muss zwischen Diagnose und der ärztlichen Abbrucherlaubnis eine dreitägige Bedenkfrist liegen. Kommt der Arzt den Auflagen nicht nach, droht ihm ein Bußgeld von bis zu 5000 Euro.

Die Regelungen für Schwangerschaftsabbrüche bis zur 12. Woche gelten dagegen unverändert weiter. Abbrüche bleiben nach der 1995 verabschiedeten Gesetzesnovelle dann straffrei, wenn die Frau mindestens drei Tage vor dem Abbruch an einem Beratungsgespräch teilgenommen hat.

Geplante Schlichtungsstelle liegt auf Eis

Gegen das Gesetz zur Einführung einer Schlichtungsstelle legte der Bundesrat Einspruch ein. Bei einem vorherigen Vermittlungsverfahren waren alle Änderungen der Länder abgewiesen worden. Dabei ging es nicht um die Schlichtungsstelle, sondern um verfahrensrechtliche Fragen im Berufsrecht von Anwälten und Notaren, das modernisiert werden soll. Der Einspruch des Bundesrates kann vom Bundestag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit zurückgewiesen werden.

Das vorerst blockierte Gesetz soll die Voraussetzungen schaffen, Streitigkeiten zwischen Anwälten und Mandanten außergerichtlich beizulegen. Für den Rechtssuchenden ist das Verfahren kostenlos. Die Schlichtungsstelle soll bei der Bundesrechtsanwaltskammer angesiedelt werden. Von ihr sollen alle zivilrechtlichen Streitigkeiten wie beispielsweise über die Höhe der Anwaltsvergütung oder über Haftungsansprüche behandelt werden. Die Teilnahme am Schlichtungsverfahren, das sowohl der Rechtsanwalt als auch der Mandant beantragen können, ist für beide Seiten freiwillig. Das Bundesjustizministerium verspricht sich von der Ombudsstelle eine Entlastung der Gerichte.

Frist für Abwrackprämie verlängert

Die bereits im April beschlossene Ausweitung der Abwrackprämie zur Ankurbelung des Autoverkaufs kann in Kraft treten. Wegen der enormen Nachfrage hatte die große Koalition beschlossen, die Abwrackprämie zum Kauf umweltfreundlicher Neuwagen bis Ende diese Jahres zu verlängern und die dafür veranschlagten Fördermittel um weitere 3,5 Milliarden auf insgesamt fünf Milliarden Euro anzuheben. Dazu mussten das Gesetz zur Errichtung des Sondervermögens "Investitions- und Tilgungsfonds" sowie das Volumen dieses Finanztopfes geändert werden.

Mehr Schutz vor Kinderschändern

Wer beruflich oder ehrenamtlich Minderjährige betreut, erzieht oder ausbildet, muss künftig auf Verlangen des Arbeitgebers ein "erweitertes Führungszeugnis" vorlegen, das auch über geringfügigere Straftaten Auskunft gibt. Der Bundesrat billigte die Änderung des Bundeszentralregistergesetzes.

Schnelleres Internet auf dem Land

Der Weg zum schnellen Internet-Ausbau auf dem Land ist endgültig frei. Zuvor hatten Bund und Länder sich über die Kostenübernahme geeinigt. Der Bund übernimmt im Wesentlichen die Kosten bei der Umstellung von Frequenzen, wenn es zu Schäden kommt. Bis 2014 sollen drei Viertel der Bundesbürger über besonders leistungsfähige Verbindungen von mindestens fünf Megabit pro Sekunde ins Internet gehen können. Dabei sollen freigewordene Rundfunkfrequenzen für Breitband-Internetverbindungen genutzt werden. Nach Schätzungen sind zurzeit noch rund fünf Millionen Bundesbürger vom schnellen Internet abgeschnitten, vor allem auf dem Land. Die Telekommunikationsbranche erwartet von dem weiteren Ausbau zusätzliche Arbeitsplätze.

ZEIT ONLINE, sp, dpa

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false