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Bundesrat: Gesundheitsreform beschlossen

Der Bundesrat hat der umstrittenen Gesundheitsreform der großen Koalition wie erwartet zugestimmt - zum Unmut der Privatkassen, die erneut mit einer Verfassungsklage gegen das Regelwerk drohten.

Berlin - Die Mehrheit der unions- und SPD-regierten Länder stimmte dem Gesetz zu, verlangte aber zugleich für die Zukunft Korrekturen. Nach der Unterzeichnung durch Bundespräsident Horst Köhler soll die Reform am 1. April in Kraft treten. In der Debatte verteidigten neben Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) auch CSU-Chef Edmund Stoiber und SPD-Chef Kurt Beck die Neuregelung trotz Kritik in Einzelpunkten. Grundsätzliche Einwände äußerten die Opposition sowie Ärzteverbände und Krankenkassen. Privatkassen drohten erneut mit einer Verfassungsklage.

Stoiber nennt den Kompromiss "mehr als tragfähig"

Stoiber sagte, zwar habe er sich einige Punkte anders gewünscht, doch sei der gefundene Kompromiss "mehr als tragfähig". Wichtig sei es für ihn gewesen, die privaten Krankenversicherungen zu erhalten. Eine Alternative zu der Neuregelung gebe es nicht: Angesichts der demografischen Entwicklung und des medizinischen Fortschritts würden "die Kosten ohne Reform aus dem Ruder laufen". Klarer noch äußerte sich Beck. "Rheinland-Pfalz stimmt aus Überzeugung diesem Kompromiss zu", sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident. Er begrüßte besonders, dass es gelungen sei, Leistungseinschränkungen für die Versicherten zu verhindern. Schmidt hob hervor, künftig würden alle Menschen einen Anspruch auf Versicherungsschutz erhalten.

Harsche Kritik aus Sachsen

Der Bundesrat billigte auch eine Entschließung, die einen umfangreichen Forderungskatalog für die Zukunft enthält. Künftige Fehlentwicklungen müssten korrigiert werden, hieß es. Landesregierungen mit Beteiligung von FDP oder Linkspartei sowie das CDU/SPD-regierte Sachsen stimmten der Reform im Bundesrat nicht zu. "Nahezu keines der wichtigen Reformziele wurde erreicht", argumentierte Niedersachsens Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP). Das System werde noch intransparenter und teurer, fügte er mit Blick auf steigende Kassenbeiträge hinzu. Sachsens Sozialministerin Helma Orosz (CDU) kritisierte, sächsische Krankenkassen würden durch die Reform unverhältnismäßig belastet und für gutes Wirtschaften bestraft. Der Bundestag hatte das Gesetz zur Gesundheitsreform am 2. Februar verabschiedet.

Ein Kernpunkt der Gesundheitsreform ist die Einführung eines Gesundheitsfonds, der allerdings erst Anfang 2009 starten soll. In ihn sollen Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern fließen. Der Beitragssatz wird vom Bund einheitlich festgelegt. Kommen die Krankenkassen mit dem Geld aus dem Fonds nicht aus, können sie von ihren Versicherten einen Zusatzbeitrag erheben. Ebenfalls ab 2009 gilt eine allgemeine Versicherungspflicht. Derzeit nicht Versicherte müssen von ihrer früheren Krankenversicherung wieder aufgenommen werden. Privatkassen (PKV) müssen dazu einen Basistarif anbieten. Zudem wird der Wechsel zwischen privaten Krankenversicherungen erleichtert.

Die Klagebereitschaft bei den Kassen ist hoch

PKV-Verbandschef Volker Leienbach drohte erneut mit Klagen der Privatkassen, weil das Gesetz in bestehende Versicherungsverträge eingreife. "Die Klagebereitschaft ist sehr hoch", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Bundesärztekammer kündigte in den Wartezimmern eine "intensive und permanente Information" der Patienten über Nachteile des Gesetzeswerkes an. Die Freie Ärzteschaft startete nach eigenen Angaben eine Initiative, wonach möglichst viele Bürger den Bundespräsidenten bitten sollen, "dieses zusammengestümperte Gesetz nicht zu unterschreiben".

"Das Gesundheitswesen wird künftig durch mehr Bürokratie, mehr Staatsmedizin und weniger Wettbewerb geprägt sein", hieß es unterdessen in einer gemeinsamen Erklärung der gesetzlichen Krankenkassen. Vor neuen Belastungen durch den geplanten Zusatzbeitrag warnte der Sozialverband VdK. Scharfe Kritik äußerten auch Linkspartei, Grüne und Gewerkschaften. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) warnte, durch per Gesetz vorgeschriebene Einsparungen würden "die Krankenhäuser vor die Wand fahren". (tso/AFP)

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