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Bundesrat: Von Mindestlohn bis Fluglärm

Der Bundesrat ist auf Wahlkampfmodus geschaltet. Die politischen Lager pflegen ihre Themen. Auch wenn sie sich intern gar nicht einig sind.

Der historische Moment ist im Bundesrat am Freitag kommentarlos geblieben: Ohne Debatte billigten die Länder das Branntweinmonopolabschaffungsgesetz. Damit endet 2017 die staatliche Abnahme von vor allem aus Obst gebranntem Alkohol zu einem garantierten Preis, eine Subvention, die 1922 eingeführt wurde, um das Schnapsbrennen einzudämmen. Dieses Branntweinmonopol missfiel aber den Subventionswächtern in Brüssel, die Folge wird sein, dass tausende Kleinstbrennereien eingestellt werden. In normalen Zeiten hätte möglicherweise der eine oder andere Agrarminister etwas dazu zu sagen gehabt, dass ausgerechnet in Zeiten wachsender Landlust eine das Landleben prägende Subvention erledigt wird.

Aber seit der Bundesrat mit Blick auf den Herbst auf Wahlkampfmodus geschaltet worden ist, gibt es eindeutig Wichtigeres zu bereden. Die Opposition hat die Länderkammer, in der sie die Mehrheit hat, zum Strategieobjekt umfunktioniert. Weshalb am Freitag neun Redner ausführlich über gerechte Arbeit sprachen, anlässlich eines vor einer Woche eingebrachten Antrags der von SPD und Grünen regierten Länder, mit zehn Punkten, die vom Mindestlohn bis hin zu psychischen Belastungen am Arbeitsplatz reichten. Selbst der Hauptredner des Regierungslagers, Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), wollte da nicht allem widersprechen und monierte immerhin in Einklang mit dem rot-grünen Lager, dass „Praktikantenverträge und befristete Beschäftigungsverhältnisse in einer Endlosschleife“ keine Zukunftsperspektive darstellten.

Auch der Fluglärm ist im Bundesrat zum Wahlkampfthema geworden, schließlich wird im September auch in Hessen mit seinem Riesen-Airport in Frankfurt gewählt. Und der ist ein landespolitisches Dauerereignis. Die schwarz- gelbe Koalition in Wiesbaden wollte hier ein Signal setzen und bundesweit schärfere Richtlinien auf den Weg bringen - etwa die Pflicht, schon bei der Planung und Festlegung von „Flugverfahren“ Rücksicht auf die Anwohner zu nehmen. Rheinland-Pfalz, rot-grün regiert, machte zunächst mit, dann aber nicht mehr – und propagierte in Einklang mit der rot-grünen Opposition in Hessen noch schärfere Forderungen. Die wiederum waren den anderen rot-grünen Ländern dann doch zu scharf, weshalb das Thema Fluglärm nun im zuständigen Verkehrsausschuss dümpelt. Mutmaßlich mindestens bis zum Herbst. Der Versuch Hessens, mit einem neuen Antrag am Freitag wieder Bewegung in die Sache zu bekommen, ist natürlich gescheitert – mangels Unterstützung. Selbst Schwarz-Gelb in Sachsen machte nicht mit, schließlich lebt der Flughafen Leipzig vor allem davon, dass es dort (sogar nachts) lauter zugehen darf als anderswo, was nicht zuletzt eine ukrainische Firma schätzt, die mit ihren Antonows den weltweiten Bedarf an Großfrachtaufträgen deckt. Immerhin verständigten sich die Länder streitlos darauf, dass die vom Bundestag beschlossene Schlichtungsstelle für verärgerte Flugreisende auf den Weg gebracht wird und auch der Lärmschutz an Bahnstrecken verbessert werden kann.

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