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Die Nebenverdienste der Bundestagsabgeordneten summieren sich auf 26 Millionen Euro im Jahr.

© Kay Nietfeld/dpa

Bundestag: Der reichste Parlamentarier

Abgeordnetenwatch hat die Liste der Nebenverdienste von Bundestagsabgeordneten veröffentlicht. Wieder ist Graf Lerchenfeld der Top-Verdiener. Wie macht er das?

Von Antje Sirleschtov

Nächstes Jahr wird er auf jeden Fall nicht mehr der Reichste im Bundestag sein. Es hat nämlich Krach gegeben in der CSU rings um Regensburg, und der regionale Abgeordnete, Philipp Graf von und zu Lerchenfeld, hatte irgendwann die Nase voll und hingeschmissen. Jetzt räumt er sein Büro in Berlin auf, kandidiert nicht mehr direkt für den nächsten Bundestag, sondern nur noch auf einem aussichtslosen Listenplatz. Der Graf ist jetzt 65, bald ist Schluss. Nach nur einer Legislaturperiode.

Den Betrieb geerbt

Und was das für eine war! Wann immer irgendwer die Nebenverdienste der Abgeordneten zusammengezählt hat – und das passiert nicht selten – Lerchenfeld war top. Der Erste, der Reichste. Niemand hat so hohe Nebenverdienste wie er. Ein Großverdiener, größer sogar noch als Star-Anwalt Peter Gauweiler, ein Parteifreund von Lerchenfeld. Fast 1,9 Millionen Euro, das hat die Initiative Abgeordnetenwatch jetzt bekannt gegeben, hat Gauweiler seit 2013 verdient – neben seiner Abgeordnetendiät. Doch das war weniger als bei Graf Lerchenfeld. Der bringt es auf sage und schreibe 2,198 Millionen Euro. Kaum erwähnenswert, dass der Mann ein Schloss bewohnt.

Wie schafft es einer, so viel Geld zusammenzubekommen, wo er doch eigentlich Tag und Nacht im Interesse seiner Wähler zu tun haben sollte? Die Antwort heißt: Lerchenfeld ist Bauer. Er hat den Betrieb geerbt. 250 Hektar im bayerischen Köfering, man baut Weizen an und Zuckerrüben, auch Kartoffeln und Zwiebeln. Wer zu Chips von Lorenz-Bahlsen im Supermarkt greift – Graf Lerchenfeld, den sie den „Reichsten im Bundestag“ nennen, hat die Kartoffeln geliefert. Auch einen nahen Pferdestall versorgt er.

Sitz im Finanzausschuss

Ist der Graf am Ende der cleverste Bauernlobbyist Deutschlands, verdient sich zu Hause eine goldene Nase und passt im Auftrag der Landwirte im Bundestag auf, dass deren Einnahmequellen nicht versiegen? Käuflichkeit und Gewissenskonflikte sind die häufigsten Vorwürfe, wenn es um die Nebenverdienste der Volksvertreter geht. Und der Graf? Der sitzt im Finanzausschuss des Bundestages, stellvertretend im Umweltausschuss und im Petitionsausschuss. Niemand ist bei der Aufdeckung von Lobbyismusverstrickungen wohl so glaubwürdig wie „Transparency International – die Koalition gegen Korruption“. In einer akribisch zusammengetragenen Tabelle hat die Vereinigung Ende 2016 alle Berichterstatter im Bundestag und deren Nebenverdienstquellen gesammelt und Interessenkollisionen untersucht. Beim reichen Grafen aus Köfering ist nur ein einziger Vorgang aufgefallen: Seine Ablehnung eines Antrages der Linksfraktion zur Umwidmung der Gewerbesteuer zur Gewerbewirtschaftssteuer. Lerchenfeld hatte im Februar des Jahres 2015 im Bundestag gesagt, er werde einer Steuererhöhung für kleine Betriebe und Freiberufler nicht zustimmen. Schwer vorstellbar, dass er dafür reichlich Nebenverdienste eingestrichen hat.

"Irgendwie auch lustig"

Mit dem Reichtum des Grafen ist es ohnehin so eine Sache. Seine 2,2 Millionen Euro Nebenverdienste durch vier Parlamentsjahre geteilt schmelzen auf 700.000 Euro pro Jahr zusammen. Dazu kommt: Abgeordnete, denen sogenannte Personengesellschaften gehören, müssen nicht ihren Gewinn beim Bundestag melden, sondern den Umsatz. Bei 700.000 Euro Umsatz pro Jahr bleibt aber nicht ganz so viel übrig, wenn man Kosten für Mitarbeiter, Maschinen, Saatgut und anderes abzieht. Bei Bauernbetrieben ähnlich dem des Grafen sind das vielleicht 80.000 Euro. Mal vier Jahre macht 320.000 Euro Nebenverdienst vor Steuern und damit Rang 15 in der Liste von Abgeordnetenwatch. Von Lerchenfeld fand es jedenfalls „irgendwie auch lustig“, vier Jahre lang als der „Reichste im Bundestag“ zu gelten.

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