zum Hauptinhalt

Bundestag: Merkel: "Gesundheitssystem wird teurer"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bürger auf Mehrkosten für die medizinische Versorgung in den kommenden Jahren vorbereitet.

Berlin - Noch dringt aus den Operationsräumen der großen Koalition kaum etwas Konkretes zu den Therapieplänen für das unter Kostendruck ächzende Gesundheitssystem. Zu Beginn der heißen Reformphase wird aber deutlich: Auf die Bürger kommen zumindest längerfristig Belastungen zu. «Es wird tendenziell teurer werden», sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag.

Über die Diagnose sind sich Union und SPD weitgehend einig. In wenigen Worten skizzierte Merkel - ganz Pragmatikerin - am Mittwoch die Lage. Erstens: Der medizinische Fortschritt und die demographische Entwicklung dürften die Gesundheitskosten in den kommenden Jahren in die Höhe treiben. Zweitens: Durch die Streichung des Bundeszuschusses für die gesetzlichen Kassen setzte sich die Koalition selbst zusätzlich unter Reformdruck.

Drittens: Durch Schnitte im eng verflochtenen System der Ärzte, Krankenkassen und Kliniken voller Partikularinteressen kann der Ausgabenanstieg gebremst, aber kaum aufgehalten werden. Viertens: Wenn niemand aus Finanznot vom medizinischen Fortschritt ausgeschlossen werden soll, müssen die Kosten geschultert werden.

SPD-Fraktionschef Peter Struck - der in seinem Pragmatismus Merkel nicht nachsteht - sagt voraus, dass «ziemlich viele» über das Reformergebnis herfallen werden. Wenn aber Union und SPD keinen dritten Weg jenseits von Kopfpauschale und Bürgerversicherung finden - «dann haben wir es nicht verdient, dass wir weiter regieren».

Konkrete Erwartungen vor dem abendlichen Spitzentreffen zu den Reformzielen bei Merkel versuchten CDU und SPD zu dämpfen. Die Kanzlerin sagte zum Ziel, die Reform bis zum Sommer zu schmieden: «Bis zum Sommer heißt nicht: vor Ostern.» Angesichts der gravierenden Unterschiede zwischen den Koalitionspartnern wäre zu viel Druck im Kessel schädlich für den angestrebten soliden Kompromiss.

So betonte Struck erneut, die private Krankenversicherung müsse finanziell zur Stärkung der gesetzlichen Kassen herangezogen werden. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus und die Gesundheitsexpertin der Unionsfraktion, Annette Widmann-Mauz (beide CDU), lehnten das erneut ab. Merkel vermied Forderungen wie ein Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags. Die «historische Ankoppelung an die Lohnzusatzkosten» dürfe aber nicht Arbeitsplätze kosten.

Ob die Union mit der SPD mit einer einkommensunabhängigen Gesundheitspauschale einen Einstieg in eine Entkoppelung von den Arbeitskosten für alle hinkriegt, ist offen. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) ließ umgehend einen Zeitungsbericht über Überlegungen dementieren, nach denen etwa Kosten für private Unfälle aus dem Leistungskatalog der Kassen gestrichen und über einen Pauschalbetrag abgesichert werden sollen.

Und auch Spekulationen über eine Verdoppelung der Praxisgebühr auf 20 Euro wiesen Koalitionspolitiker und Ministerium als «hanebüchen» zurück. Viele Experten, Beamte und Politiker besprechen viel, aber noch nichts ist entschieden. Auf eines aber weisen die so entstehenden Gerüchte hin: Neben Pauschalbeiträgen und Steuern gehören auch Kostenübernahmen durch Patienten und höhere Zuzahlungen für Kassenleistungen zum Arsenal möglicher Finanzhilfen. (Von Basil Wegener, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false