zum Hauptinhalt
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei seiner Regierungserklärung am Mittwoch im Bundestag.

© dpa

Update

Bundestag zu Griechenland: Wolfgang Schäuble gegen Schuldenschnitt für Athen

Finanzminister Wolfgang Schäuble spricht sich im Bundestag gegen einen Schuldenschnitt für Griechenland aus. Der Schuldendienst des Krisen-Landes sei bis weit ins nächste Jahrzehnt hinein tragbar.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat bei einer Regierungserklärung am Mittwoch einen Schuldenschnitt für Griechenland als unzulässig bezeichnet. Ein Schuldenschnitt sei mit den EU-Verträgen nicht vereinbar, sagte Schäuble bei einer Sondersitzung des Bundestages. Am Mittag stimmten die Abgeordneten einem dritten Hilfsprogramm für Griechenland in Höhe von 86 Milliarden Euro mit einer breiten Mehrheit aus den Reihen der Union, der SPD und der Grünen zu: 454 Abgeordnete votierten für die neuen Hilfen für Athen, 113 dagegen. Es gab 18 Enthaltungen. Zuvor hatte Schäuble appelliert, dem Hilfspaket zuzustimmen. In den eigenen Reihen fruchtete der Aufruf allerdings nur begrenzt: 63 Unions-Abgeordnete stimmten mit "Nein" - mehr als bei der letzten Griechenland-Abstimmung im Juli, als noch 60 Unionsabgeordnete gegen die Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket votiert hatten.

Schuldenerleichterungen gelten für den Internationalen Währungsfonds (IWF) als Bedingung für eine Beteiligung am dritten Hilfspaket. Schäuble zeigte sich in seiner Regierungserklärung zuversichtlich, dass sich die europäischen Gläubiger Griechenlands und der IWF bis Oktober in der Frage einigen können, wie die Schulden künftig tragfähig gestaltet werden können. Die Gesamtverschuldung Griechenlands sei im internationalen Vergleich „extrem hoch“, sagte der Finanzminister, auch wenn beispielsweise Japan einen noch höhere Gesamtverschuldung aufweise. Indes sei man sich mit dem IWF darüber einig, dass nicht die Gesamtverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsproduktes (BIP) das entscheidende Kriterium sei, sondern der Anteil am BIP, den ein Staat jährlich für Tilgungen und Zinsen ausgeben müsse. Diese so genannte Bruttofinanzierungsbelastung sei für Griechenland bis weit ins nächste Jahrzehnt hinein tragbar, so Schäuble.

In seiner rund 20-minütigen Rede vermied Schäuble weit gehend europäisches Pathos. Dafür machte er umso mehr deutlich, dass er selbst mit sich bei der Entscheidung über weitere Griechenland-Hilfen hart gerungen habe. Es gebe sowohl „beachtliche Gründe“ für als auch gegen eine Fortsetzung der Griechenland-Hilfen, sagte der Finanzminister, der im Juli zwischenzeitlich einen vorübergehenden freiwilligen „Grexit“ - also ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone – ins Gespräch gebracht hatte.

Finanzminister fordert gemeinsame Haushaltpolitik

Allerdings warf Schäuble zu Beginn und am Ende seiner Rede dann doch noch einen Blick auf das große Ganze in der Europapolitik. Die Griechenland-Krise habe auch ihren Ursprung in der „unvollständigen Konstruktion der Währungsunion“, der eine gemeinsame Haushalts- Finanz- und Wirtschaftspolitik fehle, sagte er. Aus vielen Gründen werde ein „starkes, handlungsfähiges Europa“ benötigt, appellierte Schäuble.

Kauder zeigt sich versöhnlich

Dass es in der Union beim Thema "Griechenland" weiter grummelt, hat auch mit dem Fraktionschef Volker Kauder (CDU) zu tun, der in der Sommerpause Abweichlern damit gedroht hatte, sie könnten künftig nicht mehr in wichtigen Ausschüssen mitarbeiten. In seiner Rede im Bundestag ging Kauder am Mittwoch einen Schritt auf die Skeptiker zu. Der Fraktionschef zeigte Verständnis für diejenigen Parlamentarier, die glauben, dass die Fortsetzung der Rettungspolitik zu keinem guten Ergebnis führen könne. „Wenn man sich das Ergebnis anschaut, bleiben auch Fragen“, gab Kauder zu. Er appellierte an die skeptischen Abgeordneten aber auch, die Chancen zu bedenken, die sich für Griechenland dank der Vereinbarung mit den Gläubigern böten, „doch noch über die Hürde zu kommen“.

Unions-Fraktionschef erinnert an die Funktionsweise der Euro-Zone

Gleichzeitig forderte Kauder die besonders kritischen Fachpolitiker auf, auch jenseits von Haushaltszahlen, Schuldentragfähigkeitsanalysen und Wachstumsaussichten einige Aspekte der Causa Griechenland zu bedenken, „die nicht unmittelbar mit dem Gegenstand zu tun haben“. Die harte Haltung Deutschlands bei den Verhandlungen während des Euro-Gipfels im Juli hatte europaweit Protest heraufbeschworen. Offenbar hatte Kauder die Kritiker in anderen Euro-Ländern im Blick, als er sagte, „dass wir in Europa in einer Gemeinschaft sind, wo die Deutschen ein bedeutendes Wort zu sagen haben, aber auch nicht allein sind“. Mancher Abgeordneter mag sich bei diesen Worten an einen früheren markigen Ausspruch des Fraktionschefs erinnert fühlen, dass jetzt „in Europa Deutsch gesprochen“ werde. Das war 2011 beim CDU-Parteitag in Leipzig. Damals freute sich Kauder darüber, dass auch Länder wie Spanien oder Frankreich Beschlüsse nach dem Modell der deutschen Schuldenbremse gefasst hatten. Die Griechenland-Krise hat aber inzwischen deutlich gemacht, dass ohne Deutschland zwar nichts läuft – aber Berlin auch nicht riskieren kann, im Kreis der Euro-Partner isoliert zu werden.

Brinkhaus: „Griechenland bleibt auf dem Deckel“

Entsprechend diplomatisch äußerte sich auch Unions-Fraktionsvize Ralph Brinkhaus. „Griechenland bleibt auf dem Deckel“, sagte er und sprach damit die Verpflichtung Griechenlands zur Rückzahlung der Hilfskredite an. Nach den Worten des CDU-Politikers hätte die Vereinbarung zwischen Griechenland und den Gläubigern ehrgeizigere Zeitpläne und verbindlichere Ziele vorgesehen, wenn es allein nach den Vorstellungen der Bundesregierung gegangen wäre. Aber dann lenkte Brinkhaus doch den Blick darauf, dass die Euro-Zone insgesamt 19 Mitglieder hat. Und in den übrigen Euro-Ländern werde nicht überall so gedacht, „wie das in Deutschland als richtig erachtet wird“, so Brinkhaus.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false