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Politik: Bundestagspräsident Thierse sperrt die Exil-Jecken aus

Trauer statt Freude herrscht unter den Narren des Deutschen Bundestages in der laufenden Karnevalszeit. Statt wie bisher üblich, lässt Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) die Bediensteten zur Weiberfastnacht am 2.

Trauer statt Freude herrscht unter den Narren des Deutschen Bundestages in der laufenden Karnevalszeit. Statt wie bisher üblich, lässt Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) die Bediensteten zur Weiberfastnacht am 2. März nicht im hohen Haus schunkeln. Ausweichen müssen die Frohsinnsfreunde deshalb am 29. Februar in die provisorische Bundestagskantine, einen wenig einladenden Plattenbau am Schiffbauerdamm. Eine gute Möglichkeit zur Integration der Bonner sei vertan worden, klagt Georg Appel, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender des Bundestages und Hauptorganisator des närrischen Treibens.

31 Jahre lang konnten die Karnevalisten während der Weiberfastnacht in der Lobby des Deutschen Bundestages auf Schlipsejagd gehen. Bis zu 500 der über 2000 Bediensteten des Bundestages schunkelten von 11 Uhr 11 bis tief in die Nacht. Auch die Mitglieder des Bundestagspräsidiums feierten kräftig mit; so mischten sich die Ex-Präsidentinnen Annemarie Renger und Rita Süßmuth unters Karnevalsvolk. Damit ist jetzt Schluss. Bundestagspräsident Thierse habe ihn wissen lassen, dass er Preusse sei und mit Karneval nichts am Hut habe, berichtet Georg Appel. Das wird von einer Sprecherin des Bundestages bestätigt. In diesen Fragen orientiere man sich an den Gepflogenheiten der Region, sagt sie. So dürfen die Bundestagskarnevalisten nicht mehr wie bisher mehrere Hundert Narren stark in der Lobby des Bundesparlaments feiern, sondern müssen im vergleichsweise kleinen Kreise mit einem Prinzenpaar aus Potsdam und der Rixdorfer Garde in der Interims-Kantine Jecken spielen - sehr zum Unwillen auch des versprengten Häufleins Berliner Karnevalisten. "Da holt man die Bonner, und dann dürfen sie nicht feiern wie gewohnt", schimpft Annabelle Berger, preußische Närrin und Mitorganisatorin der Weiberfastnacht im Plattenbau. Die Kantine biete zu wenig Platz und sei nicht dekorativ, klagt Annabelle Berger, im Jahre 1965 Berlins Karnevalsprinzessin. Allerdings haben die Fastnacht-Fans ihre Anstrengungen noch nicht ganz eingestellt, auch im Reichstag einmal die Narrenkappe aufzusetzen. Das Ausweichen in die Kantine sei nur ein Provisorium, meint Appel. Man werde im Bemühen nicht nachlassen, künftig im Reichstag zu feiern. Hoffnung besteht noch. Appel: "Der Herr Thierse ist ein Mann mit Humor."

Klaus Wieking

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