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Peer Steinbrück.

© dpa

Bundestagswahl 2013: Was Peer Steinbrück als Bundeskanzler plant

Trotz gleichbleibend schlechter Umfragewerte gibt sich der SPD-Kandidat kämpferisch. Was plant er im Fall eines Wahlsiegs?

Von
  • Matthias Meisner
  • Hans Monath

Dreieinhalb Wochen vor der Wahl präsentierte Peer Steinbrück am Donnerstag das 100-Tage-Programm seiner rot-grünen Wunschregierung. „In 24 Tagen endet der Stillstand in der Bundesrepublik Deutschland“, verkündete der Kanzlerkandidat der SPD vor der Bundespressekonferenz. Angesichts schlechter Umfragedaten hatte der Ex-Finanzminister in eineinviertel Stunden etliches zu erklären. Die vielen Journalistenfragen konterte er oft konzentriert und kämpferisch, zuweilen etwas zu selbstgewiss und manchmal auch ein bisschen patzig.

Was sagte Steinbrück zu dem großen Abstand zu Merkel in den Umfragen?

Der Kandidat bestreitet die Relevanz der Umfragen. Viele Wähler seien noch unentschieden, frühere SPD-Anhänger befänden sich „im Wartesaal“ und könnten abgeholt werden. Er sei überzeugt, „dass da einiges in Bewegung kommt“. Zudem verwies Steinbrück auf seine positiven Erfahrungen beim direkten Bürgerkontakt im Wahlkampf. „Mein Eindruck ist, dass meine Veranstaltungen im Vergleich zu denen von Frau Merkel die interessanteren und die lebendigeren sind“, meinte er: „Bei mir rockt es.“ Der Kanzlerin warf er eine Politik des Stillstands vor, sie schenke den Bürgern im Hinblick auf Belastungen durch die europäische Währungskrise keinen reinen Wein ein. Sie stehe für „eine Politik der Verschleierung“.

Wie positioniert er sich im Syrienkonflikt?

Wie auch die Regierung befürwortete er eine Reaktion auf die „schwere Völkerrechtsverletzung“ durch den Giftgaseinsatz und betonte die entscheidende Rolle der Vereinten Nationen (UN). Erforderlich sei, „unmittelbar mit Präsident Wladimir Putin Kontakt aufzunehmen“, um Russland dazu zu bringen, nach dem Giftgasangriff Syriens Machthaber Assad die Unterstützung zu entziehen. Die Kanzlerin solle deshalb nach Moskau fahren oder auf andere Weise direkten Einfluss suchen.

Mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, der mit Putin befreundet ist, hat der Kandidat nach eigenen Angaben noch nicht darüber gesprochen, ob dieser auf den Präsidenten in Moskau Einfluss ausüben könne. „Ich werde mir das überlegen“, meinte er. Er wolle Merkel aber auch nicht von ihren Aufgaben entlasten, fügte er hinzu: „Wer in Verantwortung steht, ist die amtierende Bundeskanzlerin.“ Nicht festlegen wollte sich der Kandidat, wie eine „militärische Strafexpedition“ der USA, Großbritanniens und Frankreichs gegen Assad ohne UN-Mandat zu bewerten sei. Offen ließ er auch, ob sie Folgen für die in der Türkei stationierten Patriot-Abwehrraketen der Bundeswehr und den Einsatz deutscher Soldaten in Nato-Aufklärungsflugzeugen haben werde.

Wie will sich der SPD-Kandidat im TV-Duell mit Angela Merkel am Sonntag behaupten?

„Ich gehe da sportlich rein“, meinte der Kandidat: „Ich verspreche Ihnen, es wird nicht langweilig.“ Steinbrück kündigte an, er wolle sich als Klartextredner und Entscheider gegen die angeblich unentschiedene Kanzlerin abheben. Ihr Schlüsselsatz sei: „Ich warte ab“, für ihn selbst gelte: „Ich warte nicht ab.“

Was sieht Peer Steinbrücks 100-Tage-Plan vor?

Neun Punkte umfasst die Prioritäten-Liste des Kandidaten, wenn er denn Kanzler werden sollte. In den ersten drei Monaten will er auf dem Feld der Arbeitsmarkt- und Sozialgesetzgebung einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro einführen, Frauen und Männern die gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit garantieren, den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen bekämpfen sowie die Solidarrente von mindestens 850 Euro monatlich auf den Weg bringen. In der Familien- und Gesellschaftspolitik versprach Steinbrück die Abschaffung des Betreuungsgeldes und stattdessen mehr Kita-Plätze und die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft ohne Optionszwang (bisher müssen sich Migranten für eine Staatsangehörigkeit entscheiden). Zudem will er eine Mietbremse, die Preissteigerungen auf zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete bei Wiedervermietungen und auf 15 Prozent innerhalb von vier Jahren bei Bestandsmieten begrenzt. Zudem plant Steinbrück einen „Neustart“ bei der Finanzmarktregulierung und die Erhöhung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 49 Prozent sowie ein schärferes Vorgehen gegen Steuerhinterziehung.

Was sagen die jüngsten Umfragen?

Die Meinungsforscher dürften Peer Steinbrück und seiner SPD nicht gerade Mut machen. Im neuen Politbarometer bestätigte die Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag von ZDF und Tagesspiegel, was sich seit Wochen abzeichnet: Die übergroße Mehrheit der Deutschen rechnet nicht mehr mit einem Sieg der SPD. Nur acht Prozent der Befragten insgesamt glauben, dass die Sozialdemokraten beziehungsweise Steinbrück am 22. September gewinnen werden, und selbst unter den SPD-Anhängern sind es nur 16 Prozent. Derweil wird unsicherer, ob die SPD wenigstens in einer von der CDU/CSU geführten großen Koalition an der nächsten Bundesregierung beteiligt sein wird. Wie schon in der Vorwoche sagen die Demoskopen voraus, dass die FDP mit sechs Prozent sicher im nächsten Bundestag vertreten sein wird, auch die Union liegt unverändert bei 41 Prozent. Eine leichte Steigerung bei den Sozialdemokraten um einen Punkt auf 26 Prozent bringt der Gruppe der jetzigen Oppositionsparteien insgesamt nichts, denn sowohl Grüne als auch Linke fallen um jeweils einen Prozentpunkt auf zwölf beziehungsweise sieben Prozent – für die Öko-Partei die geringste Unterstützung seit fast einem Jahr.

Heißt: Mit Rot-Rot-Grün, ohnehin von den maßgeblichen Kräften bei SPD und Grünen nicht gewollt, wird es wohl nicht einmal rechnerisch etwas, zwei Punkte Abstand gibt es zu Schwarz-Gelb. Am häufigsten als Lieblingsbündnis der Deutschen genannt wird die große Koalition.

Und Steinbrück als Kanzler? Ende August sind 60 Prozent der Befragten für eine Bundeskanzlerin Angela Merkel, nur 31 Prozent bekennen sich zum SPD-Herausforderer. Auch bei den Sympathiewerten liegt die Kanzlerin klar vorn – 54 Prozent sind von ihr eingenommen, nur 16 Prozent von Steinbrück.

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