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Die Erwartungen in der SPD an den TV-Duellanten Schulz sind hoch.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Bundestagswahl 2017: So geht Martin Schulz in das TV-Duell

Neunzig Minuten hat Martin Schulz, um aus seinem aussichtslos erscheinenden Kampf um das Kanzleramt wieder ein offenes Rennen zu machen. Dafür muss er Merkel in die Defensive treiben.

Neunzig Minuten können unendlich lang sein oder entsetzlich kurz. Neunzig Minuten hat Martin Schulz an diesem Sonntagabend Zeit, um aus seinem aussichtslos erscheinenden Kampf um das Kanzleramt wieder ein offenes Rennen zu machen.

Leicht ist das nicht. Denn in diesen neunzig Minuten muss der SPD-Spitzenkandidat beim TV-Duell gegen Angela Merkel (CDU) in Berlin-Adlershof vor allem eines zeigen: Dass es kein waghalsiges Risiko wäre, Merkel die Kanzlerschaft zu entziehen, weil man auch ihm, dem früheren Bürgermeister von Würselen und langjährigen EU-Parlamentspräsidenten, die Führung des Landes anvertrauen kann. Dass er sowohl die Kompetenz als auch die notwendige Härte für das wichtigste politische Amt der Republik mitbrächte. Kurz: Dass er das Zeug zum Kanzler hat.

Merkel zu konkreten Aussagen zwingen

Stabilität in unsicheren Zeiten – in Adlershof tritt Schulz gleichsam gegen Merkels zentrales Wahlversprechen an. Es als hohl zu entlarven, die Kanzlerin als verdienstvolle, aber inzwischen ermüdete Dauerregentin ohne Plan für Deutschlands Zukunft und ohne Sinn für die Nöte der kleinen Leute erscheinen zu lassen – das hat sich Schulz für das Duell vorgenommen, darauf haben ihn seine Berater in Frage-Antwort-Spielen vorbereitet. Bei Themen wie Rente, Bildung und Rüstung will der SPD-Chef seine Kontrahentin in die Defensive treiben und Merkel, die Meisterin des Ungefähren, zu konkreten Aussagen zwingen.

Die Aufgabe wird dem Herausforderer allerdings dadurch erschwert, dass Attacken gegen die sachlich-nüchterne Amtsinhaberin bumerangartig auf den Angreifer zurückfallen können. Der Kandidat muss sich deshalb bei aller Kritik davor hüten, aggressiv oder unbeherrscht zu erscheinen. Die Neigung, den Zeigefinger auf sein Gegenüber zu richten, soll ihm sein TV-Coach, der Journalist Markus Peichl, rechtzeitig vor dem Duell ausgetrieben haben.

Erwartungen der SPD sind hoch

Die Erwartungen in der SPD an den TV-Duellanten Schulz sind hoch. Fraktionschef Thomas Oppermann spricht von einer Wende, die das erste und einzige Aufeinandertreffen des Herausforderers mit der Kanzlerin für den Wahlkampfendspurt einleiten werden. Ausgeschlossen ist das nicht. Im Willy-Brandt-Haus richten sich die Hoffnungen vor allem auf die Unentschlossenen. 46 Prozent sollen sich noch nicht entschieden haben – ein Umfrageergebnis, das die Genossen in diesen Tagen wie ein Mantra wiederholen. Wenn es Schulz gelänge, nur ein Drittel dieser Gruppe auf seine Seite zu ziehen...

Außerdem hoffen die Schulz-Helfer, dass ihr Kandidat bei dem TV-Duell im Vorteil ist und ausnahmsweise in den Genuss eines Herausforderer-Bonus kommt. Während die Kanzlerin den Zuschauern längst bekannt sei, ihre Popularität also kaum noch steigen könne, sei bei Schulz das Gegenteil der Fall, heißt es. Ein bis zwei Prozentpunkte könne sein Auftritt der SPD bringen und so einen „Anschub“ für die letzten 14 Tage im Wahlkampf bewirken. Und den setzt Martin Schulz nach dem Duell ohne Unterbrechung fort. An diesem Montagmorgen um zehn Uhr will er bereits die nächste Wahlkampfrede halten – im Bierzelt auf dem legendären Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg.

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