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Deutschland hat ein neues Wahlrecht - geheim ist die Wahl aber immer noch.

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Bundestagswahl: Deutschland hat ein neues Wahlrecht

Im Bundestag wurde am Donnerstag ein neues Wahlrecht beschlossen: Überhangmandate werden jetzt ausgeglichen, allerdings so, dass sie das Verhältnis der Parteien im Parlament nicht mehr verzerren. Einfacher wird es dadurch aber nicht.

Der Bundestag hat am Donnerstag ein neues Wahlrecht beschlossen. Die Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen stimmten dem von ihnen gemeinsam erarbeiteten Gesetz zu. Die Linken hatten einen eigenen Entwurf vorgelegt. Gewählt wird nach dem neuen Recht schon am 22. September. Die Wähler werden von den Änderungen auf dem Wahlzettel nichts bemerken, denn weiterhin darf man zwei Kreuze machen – eines für den Direktkandidaten im Wahlkreis und eines für die Parteiliste. Splitting bleibt möglich.

Die Änderungen gehen auf Urteile des Bundesverfassungsgerichts zurück. Sie beziehen sich auf das Zuteilungsverfahren der Sitze auf Länder und Parteien – das freilich für die exakte Zusammensetzung des Parlaments nicht ganz unwichtig ist. Künftig gelten die Landeslisten der Parteien nicht mehr als verbunden, damit wird das sogenannte negative Stimmgewicht weitestgehend ausgeschlossen – mehr Stimmen für eine Partei konnten bisher im Zuteilungsverfahren über die Länder hinweg zu weniger Mandaten führen.

Die wesentliche Neuerung ist der Ausgleich der Überhangmandate. Sie fallen weiterhin an, wenn eine Partei in einem Land mehr Direktmandate erringt als ihr an Sitzen nach dem Zweitstimmenproporz zustünden. Das hat das Verhältnis der Parteien im Parlament verzerrt, zuletzt zugunsten der Union, früher auch mal der SPD. Nun wird es diese Verzerrung nicht mehr geben. Überhangmandate werden durch Zusatzmandate quasi neutralisiert, der Bundestag wird rein nach dem Zweitstimmenergebnis besetzt. Das Wahlrecht rückt damit stärker in Richtung der reinen Verhältniswahl. Der Bundestag wird dadurch aber wohl auch größer. Wäre das aktuelle Parlament schon nach dem neuen Wahlrecht gewählt worden, dann hätte es 648 statt 620 Abgeordnete. Je nach Ergebnis im September können es aber auch einige mehr werden.

Der Innenausschuss hatte noch eine Änderung eingefügt: Die Sitze werden den Ländern jetzt nach Bevölkerungsgröße zugeteilt, zuvor war vorgesehen, dafür die doppelte Zahl der Wahlkreise eines Landes zu nehmen. Das aber wäre möglicherweise verfassungswidrig gewesen, hatte der Staatsrechtler Hans Meyer argumentiert. Denn so wären nur gerade Sitzzahlen möglich gewesen, was bei kleinen Ländern dazu geführt hätte, dass nach der proportionalen Verteilung der Stimmen möglicherweise ein Mandat zu viel oder zu wenig vergeben worden wäre. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sagte am Donnerstagabend: „Ich hoffe wenigstens, dass es einer versteht - nämlich der Bundeswahlleiter.“

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