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Der Schrecken aller Steuersünder: Brisante CDs aus Liechtenstein oder der Schweiz.

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Update

Bundesverfassungsgericht: Karlsruhe erlaubt Nutzung von Steuer-CDs

Das Bundesverfassungsgericht hat die Nutzung von sogenannten Steuer-CDs durch die Ermittlungsbehörden erlaubt. Anlass war die Klage eines Bürgers, dessen Wohnung 2008 durchsucht worden war.

Von Hans Monath

Berlin - Im Streit um die Verwendung von illegal beschafften Daten im Kampf gegen Steuersünder hat das Bundesverfassungsgericht die Strafverfolger massiv gestärkt. Das Karlsruher Gericht billigte in einer am Dienstag veröffentlichten Entscheidung die Verwendung von angekauften Informationen über mutmaßliche Steuerhinterzieher im Ermittlungsverfahren. SPD und Grüne begrüßten das Urteil als politischen Durchbruch.

Der Ankauf von CDs mit Steuersünderdaten durch Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hatte in den vergangenen Jahren zu heftigen politischen Debatten geführt. Auch die Bundesregierung kaufte gemeinsam mit Niedersachsen eine CD. Die Länder Baden-Württemberg, Schleswig- Holstein und Bayern, in denen die FDP an der Regierung beteiligt ist, lehnten wegen der dubiosen Herkunft des Materials den Ankauf von Daten ab oder verhandelten so lange, bis die Anbieter absprangen. Man dürfe nicht „Geschäfte mit Ganoven machen, um an Kohle für die Staatsfinanzen zu kommen“, sagte Baden- Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP). Der FDP-Fraktionsvorsitzende in Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, argumentierte, der „Zweck heiligt nicht alle Mittel".

Die Karlsruher Richter wiesen nun die Verfassungsbeschwerde eines Ehepaares gegen eine Wohnungsdurchsuchung zurück. Die Daten, die den Anfangsverdacht gegen die mutmaßlichen Steuersünder begründet hatten, waren auf einer Steuer-CD aus Liechtenstein gespeichert, die der Bundesnachrichtendienst (BND) beschafft hatte. Die Beschwerdeführer argumentierten, die Beweise dürften nicht verwendet werden.

Die 1. Kammer des Zweiten Senats war dagegen der Ansicht, der Beschwerde fehle jede Erfolgsaussicht (Az.: 2 BvR 2101/09). Unabhängig von ihrer Herkunft begründe die Steuer-CD einen ausreichenden Anfangsverdacht für eine Wohnungsdurchsuchung. Bei staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen würden nicht die strengen Maßstäbe eines Beweisverwertungsverbots wie im Strafprozess gelten. Die Verwertung rechtswidrig gewonnener Beweise sei nicht generell ausgeschlossen. Vielmehr müssten die Gerichte jeden Einzelfall prüfen.

Die Sozialdemokraten seien in ihrer Haltung durch die Entscheidung bestätigt worden, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, dem Tagesspiegel: „Das Gericht zerstört mit dem Urteil die wichtigsten Schutzzonen für Steuerhinterzieher und es ist ein Sieg für die ehrlichen Steuerzahler.“ Sie müssten nun nicht mehr für die Steuerhinterzieher mit bezahlen. „Das Urteil ist eine schwere Niederlage für die FDP, die den Ankauf von Steuer-CDs verhindert hat“, meinte Oppermann. Die SPD erwarte, dass die Bundesregierung den Kampf gegen Steuerbetrug „endlich ernsthaft vorantreibt“.

Auch der Vizefraktionschef der Grünen im Bundestag, Fritz Kuhn, begrüßte das Urteil. Es zeige, dass die Entscheidung der baden-württembergischen Landesregierung gegen den Ankauf von Daten „höchst fragwürdig“, sei, sagte er. Die schwarz-gelbe Koalition im Bund dürfe nicht nur Steuer-CDs ankaufen, sondern müsse „den Kampf gegen Steuerhinterziehung aktiv aufnehmen“, forderte Kuhn.

Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Volker Wissing, sagte, die Karlsruher Entscheidung tangiere die Haltung der Liberalen im Bundestag nicht. „Wir haben immer die Meinung vertreten, dass es kein allgemeines Verwertungsverbot für solche CDs gibt und im jeden Einzelfall entschieden werden muss“, sagte er. Es sei zwar „unwürdig“, dass Straftäter mit unrechtmäßig erlangten Daten Geld verdienen könnten. Dieser Missstand könne aber nicht durch ein gesetzliches Ankaufverbot gelöst werden. Vielmehr müssten Abkommen über Informationsaustausch und über die Lösung von Altfällen dem Handel mit Datenträgern den Boden entziehen. „Daran arbeiten wir“, sagte Wissing. Mit Liechtenstein sei ein entsprechendes Abkommen geschlossen worden, mit der Schweiz stehe es kurz vor dem Abschluss.

Auch die deutsche Steuergewerkschaft begrüßte das Urteil „Wir sind immer davon ausgegangen, dass die Datenlieferung rechtmäßig ist und dass kein Verwertungsverbot besteht“, sagte Gewerkschaftschef Dieter Ondracek. Die CD mit Bankdaten über deutsche Kunden aus der Schweiz und Liechtenstein hatte in den vergangenen zwei Jahren fast 30 000 Selbstanzeigen ausgelöst. (mit dpa)

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