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Bundesverfassungsgericht: Richter stellen Homo-Ehe bei Erbschaftssteuer mit Ehe gleich

Die Benachteiligung homosexueller Lebenspartner gegenüber Ehepaaren bei der Erbschaftssteuer ist verfassungswidrig. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Eine Schlechterstellung verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot.

Das Bundesverfassungsgericht hat die steuerliche Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften gegenüber Eheleuten beim Vererben für verfassungswidrig erklärt. Die entsprechende Privilegierung der Ehepartner gegenüber homosexuellen Lebenspartnern könne nicht mit dem besonderen staatlichen Schutz von Ehe und Familie gerechtfertigt werden.

Der Gesetzgeber muss nun bis Ende des Jahres eine rückwirkende Regelung für Altfälle zwischen 2001 und 2008 finden, heißt es in einem am Dienstag in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss. Nach der gekippten Altregelung wurde erbenden Ehegatten zunächst ein persönlicher Freibetrag von 307.000 Euro und ein besonderer Versorgungsfreibetrag in Höhe von 256.000 Euro eingeräumt. Auf das verbleibende Erbe mussten sie dann Steuersätze zwischen sieben und 30 Prozent zahlen. Für eingetragene Lebenspartner wurde der Freibetrag auf 5200 Euro begrenzt. Ein Versorgungsfreibetrag, der zu niedrige Renten des überlebenden Ehegatten mit steuerfreien Versorgungsbezügen kompensiert, war für Lebenspartner nicht vorgesehen. Zudem mussten sie Steuersätze in Höhe von 17 bis 50 Prozent auf das Erbe entrichten.

Mit der Gesetzesreform vom Dezember 2008 wurden dann zwar der persönliche Freibetrag und der Versorgungsfreibetrag für erbende Lebenspartner und Ehegatten angeglichen. Allerdings wurden die Lebenspartner weiterhin wie entfernte Verwandte und Fremde beim Erben mit den höchsten Steuersätzen besteuert. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 22. Juni ist nun eine vollständige Gleichstellung von Lebenspartnern und Ehegatten auch bei den Steuersätzen vorgesehen.

Die Karlsruher Richter erklärten die Ungleichbehandlung bei Freibeträgen und Steuersätzen nun insgesamt für verfassungswidrig, weil sie gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes verstößt und nicht mit dem besonderen staatlichen Schutz von Ehe und Familie gerechtfertigt werden kann. Die eingetragene Lebenspartnerschaft sei vielmehr wie die Ehe "auf Dauer angelegt" und begründe rechtlich ebenfalls "eine gegenseitige Unterhalts- und Einstandspflicht", heißt es im Beschluss.

Im ersten Fall hatte ein hinterbliebener Lebenspartner geklagt, der im August 2001 umgerechnet knapp 140.000 Euro geerbt hatte und dafür rund 30.000 Euro Erbschaftssteuer zahlen musste. Im zweiten Fall erbte eine Lebenspartnerin 2002 58.500 Euro und hatte darauf rund 12.000 Euro Erbschaftssteuer zu entrichten.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sowie Vertreter der Grünen und der SPD begrüßten die Entscheidung. Die Koalitionsvereinbarung sehe für eingetragene Lebenspartner "den Abbau gleichheitswidriger Benachteiligungen im Steuerrecht und die volle Gleichstellung im Beamtenrecht vor", erklärte die Ministerin in Berlin. Die Dienstrechtsreform für Beamte sei bereits in der Endabstimmung und könne bald im Bundeskabinett beschlossen werden.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sprach von einem guten Tag für Homosexuelle und forderte, dass auch "die Diskriminierung im Einkommensteuerrecht" unverzüglich beendet werden müsse. Der Bundesvorsitzende des Arbeitskreises Lesben und Schwule in der SPD (Schwusos), Ansgar Dittmar, appellierte an die Union, jetzt "endlich alles zu tun", um die Lebenspartner den Ehepartnern völlig gleichzustellen. "Das gilt auch für das Adoptionsrecht", erklärte Dittmar in Berlin. (AFP/dpa/ddp)

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