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Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle mit dem Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts bei der Urteilsverkündung am Dienstag.

© REUTERS

Bundesverfassungsgericht: Sichere Landung für den Euro-Rettungsschirm

Das Bundesverfassungsgericht billigt die Krisenpolitik in der Euro-Zone mit deutschen Hilfsmilliarden – wenn sie zuverlässig bleibt. Die Richter sahen die Haushaltsautonomie des Bundestags nicht verletzt.

Harte Kritik musste das Bundesverfassungsgericht für seinen Europa- Kurs einstecken, nachdem es vor drei Wochen die deutsche Dreiprozenthürde für die Europawahlen im Mai gekippt hatte. Das Gericht habe weder Herz noch Hirn für das gemeinsame Anliegen, hieß es. Am Dienstag nun verkündete Präsident Andreas Voßkuhle mit unüberhörbarer Entschiedenheit: „Das Ergebnis ist eindeutig.“ Und wies die Klagen gegen den Euro-Rettungsschirm ESM und den Fiskalpakt endgültig ab.

Endgültiges Urteil zu ESM und Fiskalpakt

Es klang nach Wiedergutmachung. Abgesegnet ist nun der einst umstrittenste Teil der Krisenpolitik. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) soll mit bis zu 500 Milliarden Euro überschuldeten Mitgliedstaaten der Euro-Zone Notkredite und Bürgschaften bereitstellen, um sie zahlungsfähig zu halten. Von den 700 Milliarden Euro Stammkapital am ESM entfallen entsprechend ihrem Anteil an der Europäischen Zentralbank (EZB) 27,15 Prozent auf die Bundesrepublik, die bisher rund 22 Milliarden eingezahlt und sich für weitere 168 Milliarden verpflichtet hat. Aus dem ESM vergeben worden sind bisher 50 Milliarden Euro an Spanien und Zypern.

Geklagt hatten Linke, sowie Gauweiler und viele Bürger

In Karlsruhe geklagt hatten unter anderen die Linken-Fraktion, der CSU-Vize und Abgeordnete Peter Gauweiler sowie zehntausende Bürger, die der Verein „Mehr Demokratie“ herbeigetrommelt hatte. Die Milliardenbürgschaft sei der Ausverkauf des parlamentarischen Budgetrechts, warnten die Gegner. Doch ehe das Gericht die deutsche Beteiligung im Eilverfahren passieren ließ, hatte EZB- Präsident Mario Draghi im Herbst 2012 schon mit seinem Versprechen Druck aus dem Kessel genommen, notfalls Staatsanleihen von Krisenländern in unbegrenzter Höhe zu kaufen.

Aus dem Fall ESM wurde damit ein Fall EZB. Die Kläger erweiterten ihre Anträge. Das Gericht trennte die Verfahren und reagierte mit einem historischen Akt: Erstmals bat es um den Rechtsrat des Europäischen Gerichtshofs, auf den es nun wartet. Zu ESM und Fiskalpakt jedoch wollte man allein entscheiden.

„Trotz der eingegangenen Verpflichtungen bleibt die Haushaltsautonomie des Deutschen Bundestags hinreichend gewahrt“, begründete nun Richter Voßkuhle das abschließende Urteil. Es sei jedoch sicherzustellen, dass Kapitalabrufe im Rahmen der vereinbarten Obergrenzen „fristgerecht und vollständig“ erfüllt werden könnten. Denn nur so sei eine Aussetzung des Stimmrechts der deutschen Vertreter in den ESM-Gremien zuverlässig ausgeschlossen.

Das Gericht wiederholte sein Mantra zur Euro-Rettung, der Bundestag müsse der Ort bleiben, an dem eigenverantwortlich über Einnahmen und Ausgaben entschieden werde – auch im Hinblick auf EU-Verbindlichkeiten. Der Haushaltsgesetzgeber dürfe sich für eine internationale Politik verpflichten, jedoch nicht so, dass die Haushaltsautonomie dadurch praktisch leerliefe. Diese Grenzen seien mit dem ESM nicht erreicht. Die Richter erkannten trotz der 190 Milliarden Euro „keine Beeinträchtigung der haushaltspolitischen Gesamtverantwortung des Bundestags“. Zudem sei der „Legitimationszusammenhang“ zwischen Parlament und ESM nicht unterbrochen; es bestehe auch keine „unauflösbare Bindung“.

Die Prüfung des Fiskalpakts, der die EU-Länder zu gemeinsamen Verschuldungsobergrenzen verpflichtet, fiel erwartet knapp aus. Darin liege für die Bundesrepublik keine „dauerhafte, nicht mehr reversible Festlegung ihrer Wirtschaftspolitik“.

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