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Politik: Bundeswehr: "Eine Berufsarmee ruiniert Deutschland nicht"

Gert Wagner (47) ist Professor für Volkswirtschaft an der TU Berlin und DIW-Forschungsdirektor. Herr Wagner, angenommen Finanzminister Hans Eichel fragte Sie, ob eine Wehrpflichtigen- oder eine Berufsarmee kostengünstiger wäre.

Gert Wagner (47) ist Professor für Volkswirtschaft an der TU Berlin und DIW-Forschungsdirektor.

Herr Wagner, angenommen Finanzminister Hans Eichel fragte Sie, ob eine Wehrpflichtigen- oder eine Berufsarmee kostengünstiger wäre. Was würden Sie ihm raten?

Ich würde ihm die Einführung einer Berufsarmee empfehlen.

Mit welchen Argumenten?

Bei Berufsarmeen gibt es viel weniger Einarbeitungskosten. Und die Leistungsfähigkeit der Soldaten ist höher.

Die Befürworter einer Wehrpflichtigen-Armee betonen aber immer, dass Deutschland sich eine andere Form des Soldatentums gar nicht leisten könne.

Zum Thema Porträt: Totalverweigerer Volker Wiedersberg Stichwort: Die Wehrpflicht Internet-Panne: Gezielte Indiskretion? Umfrage: Wehrpflicht zugunsten einer Berufsarmee abschaffen? Man muss doch auch berücksichtigen, dass ein Teil der Kosten von den Wehrpflichtigen selbst getragen wird. So kriegen sie nur eine Art Taschengeld in dieser Zeit. Damit entgehen ihnen aber andere, viel höhere Einkommen. Und dem Staat entgehen damit Steuergelder. Es ist zudem eine Frage der Gerechtigkeit, ob für die Verteidigung eines Landes ein ganz bestimmter Jahrgang in besonderer Weise zur Kasse gebeten werden kann.

Welche Größenordnung einer Berufsarmee könnten wir uns denn überhaupt leisten?

Generell kann man wohl sagen, dass uns offensichtlich weder eine Wehrpflichtigen-Armee noch eine Berufsarmee volkswirtschaftlich ruiniert. Es ist eine politische Frage, wofür man Steuergelder ausgeben will.

Wenn Deutschland eine Berufsarmee einführte, was hieße das für den Zivildienst?

Ohne Wehrpflicht gibt es keinen Zivildienst. Das ist juristisch ausgeschlossen. Wir müssten also den Zivildienst abschaffen und auf professionelle Dienste übergehen.

Aber ist eine solche Professionalisierung überhaupt bezahlbar?

Viele glauben, dass Zivildienstleistende etwa für die Altenpflege eine preiswerte Lösung sind. Aber professionelle soziale Dienste wären volkswirtschaftlich nicht teurer.

Wie das?

Auch der Zivildienst umfasst ja insgesamt nur noch wenige Monate. Ein beachtlicher Teil dieser Zeit geht allein dafür drauf, dass die jungen Menschen eingearbeitet werden müssen. Das und der damit einhergehende Verwaltungsaufwand kosten auch eine Menge Geld. In seiner eigentlichen Aufgabe ist der Zivildienstleistende dann nur etwa sieben Monate tätig. Und die Qualität der Arbeit ist ja - trotz guten Willens - auch nicht immer professionell zu nennen. Es gibt Schätzungen, dass drei Zivildienstleistende durch zwei Profis ersetzt werden könnten.

Niedersachsens Ministerpräsident Gabriel schlägt ein soziales Pflichtjahr als Ersatz für den Zivildienst vor. Was halten Sie davon?

Rechtlich ist ein solches Modell ausgeschlossen. Aber wozu braucht man denn überhaupt noch einen Wehr- und einen Zivildienst? Beim Wehrdienst wird oft argumentiert, man verhindere damit, dass die Armee ein "Staat im Staate" wird. Aber eine Bundeswehr kann sich gesellschaftspolitisch gar nicht mehr so weit isolieren wie das etwa in der Weimarer Republik noch der Fall war. Mit dem Zivildienst glaubt man, nicht nur Geld sparen zu können, sondern jungen Menschen auch soziales Verhalten beibringen zu können. Das ist aber eine Aufgabe der Erziehung, der Gesellschaft. In einer Ellenbogen-Gesellschaft hilft auch ein soziales Pflichtjahr nicht weiter.

Herr Wagner[angenommen Finanzminister Hans Eichel]

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