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Franz Josef Jung

© ddp

Bundeswehr: „Es ist ein riskanter Einsatz, das ist wahr“

Verteidigungsminister Franz Josef Jung spricht nur ungern über Gefahren für die deutsche Kampftruppe – und den Druck durch Nato-Verbündete. Mit der Entsendung einer schnellen Eingreiftruppe will der Minister die Partner besänftigen.

Von Hans Monath

Wenn eine wichtige Regel geschmeidiger Öffentlichkeitsarbeit lautet, auch negative Botschaften in positive Formulierungen zu packen, so hat dies der deutsche Verteidigungsminister sehr gut begriffen. Statt den immer dringenderen Wünschen von Nato-Alliierten nach der Hilfe deutscher Soldaten im gefährlichen Süden Afghanistans eine knallharte Absage zu erteilen, verkündete Franz Josef Jung (CDU) am Mittwoch vor der Hauptstadtpresse eine Botschaft der Kontinuität: „Ich will deutlich machen, dass wir unseren Einsatz in Afghanistan auch weiterhin im Norden fortsetzen werden.“

Alles andere wäre angesichts der klaren Festlegung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Verteidigungsexperten von Union und SPD auch eine Sensation gewesen. Trotz heftigen Drängens von US-Verteidigungsminister Robert Gates, der einen in rüdem Ton gehaltenen Brief mit dieser Forderung an seinen deutschen Kollegen geschrieben hatte, schickt die Bundesregierung keine deutschen Soldaten zum Kampf gegen die Taliban in den Süden des Landes – außer zu zeitlich befristeten Hilfseinsätzen in streng begrenzten Fällen.

Allerdings beteiligt sich die Bundeswehr von Sommer an mit einem schnellen Eingreifverband massiver als bisher am Kampf gegen Aufständische und andere Gefahren in dem asiatischen Land. Mit der Bereitschaft zur Entsendung von wahrscheinlich rund 200 Soldaten der „Quick Reaction Force“ will die Bundesregierung weitergehende Forderungen der Nato-Partner abwehren, bevor sich am heutigen Donnerstag die Nato-Verteidigungsminister in Vilnius treffen. „Wenn Freunde in Not sind, werden wir sie unterstützen“, versprach Jung.

Die deutsche Eingreiftruppe soll norwegische Soldaten ersetzen. Die Norweger hatten sich Ende 2007 heftige Gefechte mit Aufständischen geliefert. Jung widersprach energisch der These, wonach die deutschen Soldaten damit in einen Einsatz von neuer Qualität zögen. Auch bislang sei es der Bundeswehr bei Angriffen oder bei Gefahr erlaubt gewesen, nach dem Gebot der Verhältnismäßigkeit gegen Angreifer vorzugehen.

Hohe Ex-Offiziere der Bundeswehr hatten in den vergangenen Tagen kritisiert, die Bundesregierung müsse die Öffentlichkeit darauf vorbereiten, dass gefährlichere Aufgaben auf die Soldaten zukämen und damit die Wahrscheinlichkeit wachse, dass mehr Deutsche in Afghanistan fallen könnten. Doch Begriffe wie „Tod“, „Sterben“ oder „Töten“ vermied der Verteidigungsminister bei seinem ersten Auftritt vor der Bundespressekonferenz am Mittwoch konsequent. Die Aufgabe seiner Soldaten beschrieb er mit den Begriffen „schützen, helfen, vermitteln und kämpfen“, wobei er einräumte, dass sich zumindest die Reihenfolge dieser Aufgaben unter bestimmten Umständen ändern, also das Kämpfen auch einmal an erster Stelle stehen könne. Vorwürfe, seine Öffentlichkeitsarbeit beschönige die Gefahren, wies Jung entschieden zurück und meinte lediglich: „Es ist ein riskanter Einsatz, das ist wahr.“

Auch von angeblichem Druck auf die Deutschen, die Verbündeten endlich im Süden zu entlasten, wollte Jung nichts wissen. Die Partner lobten den deutschen Einsatz in höchsten Tönen, versicherte er: „Ich habe in Gesprächen mit meinen Kollegen die Kritik noch nicht erfahren, wie ich sie in den Medien lese.“ Dabei hatte US-Außenministerin Condoleezza Rice noch am gleichen Morgen in London die US-Forderung nach einer gerechteren Lastenverteilung der Nato-Länder in Afghanistan bekräftigt.

Zu Meldungen, wonach die Bundesregierung den Gates-Brief als einen in Washington nicht abgestimmten Alleingang des US-Verteidigungsministers einstuft, wollte sich Jung explizit nicht äußern. Er habe „bisher ein sehr gutes, vertrauensvolles Verhältnis“ zu Gates, wolle mit diesem am Donnerstag in Vilnius sprechen und deshalb „jetzt nicht spekulieren“.

Wenig Verständnis für Jungs Botschaften zeigten während der einstündigen Pressekonferenz Journalisten aus Ländern, deren Soldaten in Afghanistan gefährlichere Aufgaben leisten müssen als ihre Kameraden von der Bundeswehr. So bekannte ein niederländischer Medienvertreter, er habe „ein semantisches Problem“ mit Jungs Solidaritätsversprechen, wenn dieser ungeachtet der Aufforderungen zum Einsatz im Süden daraus keine Schlüsse ziehe. Der deutsche Verteidigungsminister gab sich keine Mühe, das „semantische Problem“ aufzulösen.

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