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Politik: Bundeswehr-Finanzkrise: Scharping vor dem Offenbarungseid?

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sieht trotz des Streits über die Finanzlage der Bundeswehr "keine Probleme" im Bundeshaushalt 2001. Verteidigungsminister Rudolf Scharping und Finanzminister Hans Eichel stimmten "absolut überein, dass der Konsolidierungskurs der Bundesregierung nicht aufgegeben wird", sagte Schröder am Mittwoch in Berlin.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sieht trotz des Streits über die Finanzlage der Bundeswehr "keine Probleme" im Bundeshaushalt 2001. Verteidigungsminister Rudolf Scharping und Finanzminister Hans Eichel stimmten "absolut überein, dass der Konsolidierungskurs der Bundesregierung nicht aufgegeben wird", sagte Schröder am Mittwoch in Berlin. Beide Minister wüssten, dass sie "die Haushaltsberatungen auf der Basis des Konsolidierungskurses gemeinsam erfolgreich zum Abschluss bringen müssen und bringen werden". So soll es im Hinblick auf den Haushalt 2002 weitere Gespräche zwischen Scharping und Eichel geben. Eichels Sprecher sagte jedoch, auch für 2002 werde es keine zusätzlichen Mittel gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung geben, die weitere Kürzungen vorsieht. Wenn die Bundeswehr Finanzierungsprobleme habe, seien diese "Verteidigungsministerium-intern zu beherrschen". Angesichts von Forderungen nach einer Aufstockung der Mittel für die Bundeswehr hatte sich Schröder am Vormittag mit Scharping und Eichel zu einem klärenden Gespräch getroffen.

Scharping betonte, er sehe trotz eines Defizits bei der Materialerhaltung der Bundeswehr von 378 Millionen Mark keinen Anlass für einen Nachtragshaushalt. "Jede Spekulation, dass wir wegen angeblicher enormer Haushaltsprobleme in Schwierigkeiten kommen, ist falsch", sagte Scharping. Die Materialerhaltungsbedürfnisse von Heer, Luftwaffe und Marine würden im Rahmen des geltenden Haushaltes erfüllt. Er bezifferte diese auf 218 Millionen Mark bei der Luftwaffe, 154 Millionen Mark beim Heer und sechs Millionen Mark bei der Marine.

Scharping bestritt Berichte über massive Kürzungen von Beschaffungsprogrammen, um das Defizit auszugleichen. So werde es an der Entwicklung und Beschaffung des Kampfhubschraubers "Tiger" aus Haushaltsgründen keine Abstriche geben. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte ergänzend, der Vertrag über den Kauf der Tiger-Hubschrauber sei rechtskräftig. Deutschland und Frankreich würden je 80 Maschinen beschaffen. Die "Bild-Zeitung" hatte am Mittwoch berichtet, wegen der gespannten Haushaltslage erwäge das Verteidigungsministerium, den Bau des Kampfhubschraubers zu kippen. Dadurch ließen sich schätzungsweise 3,5 Milliarden Mark sparen, mit denen Löcher im Wehretat gestopft werden könnten. Als "schlichtweg falsch" bezeichnete Scharping Berichte zu Überlegungen, 25 000 Wehrpflichtige weniger einzuziehen.

Der Verteidigungsexperte der Unionsfraktion, Paul Breuer, sagte, Scharping habe im Verteidigungsausschuss keine Angaben darüber gemacht, wie er das Millionendefizit ausgleichen wolle. "Scharping treibt es bis zum Offenbarungseid", sagte Breuer. Er sei weiter fest davon überzeugt, dass die Bundeswehr in diesem Jahr vor einer Deckungslücke von zwei Milliarden Mark stehe. Hinzu kämen unbezahlte Rechnungen aus dem Vorjahr. Ein Nachtragshaushalt sei erforderlich.

In den vergangenen Tagen war über angebliche Defizite im Verteidigungsetat berichtet worden, die die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr und deutsche Zusagen an Bündnispartner gefährdeten. Zunächst hatte Generalinspekteur Harald Kujat gesagt, die Bundeswehr sei derzeit nicht voll einsatzbereit. Dann tauchte ein Papier des militärischen Führungsstabs an Scharping auf, in dem das Defizit auf über 300 Millionen Mark beziffert und empfohlen wurde, Zusagen an die Verbündeten zurückzunehmen und Flugzeuge stillzulegen, um Kosten zu sparen. In Koalitionskreisen hatte es zu den Berichten über die angeblichen Defizite geheißen, Scharping habe diese Informationen gestreut, um seine Verhandlungsposition für den Haushalt 2002 durch öffentlichen Druck zu stärken.

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