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Dass zur Bundeswehr-„Action“ häufig auch der Griff zur Waffe gehört, wird in der Werbung für die „BW-Adventure Camps“ nicht erwähnt.

© dapd

Bundeswehr-Kampagne: „Action, Adrenalin, Abenteuer“

Mit Abenteuerurlaub wirbt die Bundeswehr um Nachwuchs. Die Menschenrechtsorganisation „terre des hommes“ sieht in der Kampagne einen Verstoß gegen die Kinderrechtskonvention. Die Bundeswehr weist die Kritik entschieden zurück.

„All the crazy shit I did tonight...“ – mit diesen Zeilen aus dem populären David Guetta-Song „Memories“ bewirbt die Bundeswehr in einem Video auf dem You-Tube-Kanal von „Bravo-TV“ ihr „Adventure Camp“. Die Bewerber erwarte jede Menge „Action, Adrenalin, Abenteuer“, heißt es in dem Clip. „Eine coole Berghütte der Bundeswehr ist extra und exklusiv für Euch reserviert - das klingt nach Party!“, annonciert die Bundeswehr auch auf der „Bravo“-Homepage. Die „BW-Adventure Camps“ sind von der Bundeswehr finanzierte Reisen für Jugendliche, mit denen um Nachwuchs geworben wird.

Die Teilnehmer der Camps können entweder mit den Gebirgsjägern in den Alpen klettern oder mit dem Bundeswehrflugzeug nach Sardinien fliegen, wirbt die Bundeswehr auf ihrer Seite. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums haben sich in diesem Jahr 800 junge Menschen für die kostenlosen Camps beworben, ausgewählt wurden jeweils 30 pro Reise.

Politiker und Verbände hatten sich am Montag gegen diese Art der Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr gewandt. Die Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger nannte es „völlig unangebracht“, mit der Kampagne auch Minderjährige anzusprechen. Auf der Facebook-Seite der „Bravo“ hagelte es ebenfalls Kritik: „Keine Militärwerbung bei Minderjährigen!“ und „Kein Werben für's Sterben!“ ist in Nutzer-Kommentaren zu lesen.

Das Kinderhilfswerk „terre des hommes“ fordert Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) mit einer Petition auf, die „fragwürdige Kampagne“ zu stoppen und sieht Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention verletzt. Der Konvention nach dürfen Minderjährige grundsätzlich nicht für den Militärdienst angeworben werden und sollen zu Frieden, Toleranz und Völkerverständigung erzogen werden. Ralf Willinger vom Referat für Kinderrechte bei „terre des hommes“ betonte auf Anfrage des Tagesspiegel, das Video enthalte keine Bilder aus der Realität der Bundeswehr und sei „reine Spaßwerbung“.

In dem Spot werden unter anderem die Attribute „krass“, „crazy“ und „cool“ verwendet. Problematisch sei deshalb weniger das Camp an sich, sondern vielmehr die Werbung dafür: „In dieser Kampagne wird die kindliche Begeisterung ausgenutzt“, befürchtet Willinger. Eventuell würden vorschnelle Entscheidungen getroffen, die später bereut werden könnten. Zwar sei die Rekrutierung von freiwilligen 17-Jährigen juristisch erlaubt, „terre des hommes“ sei aber weiterhin dagegen. „Bis zum Alter von 18 Jahren steht Kindern ein besonderer Schutz zu“, erklärte Willinger.

Die Bundeswehr wies die Kritik zurück. Die Kampagne für 16- bis 21-Jährige in Zusammenarbeit mit der „Bravo“ erfülle alle gesetzlichen Vorgaben, sagte der Leiter des Zentrums Nachwuchsgewinnung Ost der Bundeswehr, Ulrich Karsch, am Dienstag. „Die Aktion setzt ausschließlich auf eine freiwillige und unverbindliche Teilnahme.“

Karsch fügte hinzu, die Aktion laufe bereits seit dem Jahr 2004. In den Vorjahren wurden aber lediglich die „Bundeswehr Adventure Games“, bei denen Sportwettbewerbe veranstaltet wurden, angeboten. Auch dafür war die „Bravo“ Werbepartner. Karsch verwies außerdem darauf, dass Gespräche der Jugendlichen mit Soldaten „integraler Bestandteil“ der Camps seien. Dabei gehe es auch um Auslandseinsätze. „Wir versuchen ein realistisches Bild der Bundeswehr zu vermitteln.“

Auf die Tagesspiegel-Anfrage, inwieweit jüngere „Bravo“-Leser durch die Kampagne beeinflusst werden könnten, sagte Ralph Meyer, Sprecher des Generalinspekteurs der Bundeswehr, am Mittwoch: „Wenn 14-Jährige die Werbung sehen und sich nicht bewerben, dann sind sie auch nicht betroffen.“ Der Hinweis, dass die Teilnahme erst ab 16 möglich wäre, sei deutlich vermerkt.

Willinger von "terre des hommes" hingegen sieht die Kampagne trotz der Erklärungen der Bundeswehr kritisch: „Mag sein, dass Gespräche geführt werden. Aber auch Soldaten, die zu Besuch in Schulen sind, erwähnen negative Erfahrungen eher selten. Die positiven Erfahrungen stehen deutlich im Vordergrund.“

(mit AFP)

Christine Reißing

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