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Bundeswehr-Skandal: Offiziere wussten von Schädel-Fotos

Das Bundesverteidigungsministerium hat erstmals eingestanden, dass auch Offiziere der Bundeswehr in Afghanistan von den scharf kritisierten Skelett-Fotos wussten.

Berlin - Ein Oberfeldarzt und ein Oberleutnant hätten von den Fotos von deutschen Panzergrenadieren im März 2004 erfahren, sagte Ministeriumssprecher Thomas Raabe. Sie hätten auch dafür gesorgt, dass keine weiteren Fotos in dem Kontingent mehr gemacht würden. Doch seien die Fotos damals schon im Umlauf gewesen. "Die beiden Offiziere haben sich völlig korrekt verhalten," hob der Sprecher hervor. Zwar hätten vielleicht auch damals schon Disziplinarmaßnahmen eingeleitet werden können, doch sei dies heute im Nachhinein schwer zu beurteilen.

Bei den Vorfällen bei den Panzergrenadieren erfuhr den Angaben zufolge zunächst der Oberfeldarzt von den Fotos, die auf einem Knochenfeld in der Nähe von Kabul gemacht wurden. Der Arzt sei auf den damaligen Oberleutnant zugegangen und habe diesen gebeten, sich der Sache anzunehmen, sagte Raabe weiter. Der Oberleutnant wiederum habe sich den Truppenführer "zur Brust genommen" und ihm deutlich gemacht, dass dies nicht zu dulden und sofort abzustellen sei. Zu diesem Zeitpunkt seien die Fotos aber schon im Umlauf gewesen. Die beiden Vorgesetzten hätten die Vorkommnisse nach dem derzeitigen Kenntnisstand nicht nach oben weitergegeben.

Bisher 5500 Soldaten befragt

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden im Zusammenhang mit dem Skandal um die Totenschändungen bisher etwa 5500 Soldaten befragt, darunter etwa 200 Vorgesetzte, von denen 137 Erklärungen eingegangen seien. Derzeit sind sechs Soldaten wegen der Vorfälle vorläufig vom Dienst entbunden. Unklar ist noch, welches Vergehen den Soldaten genau vorgeworfen wird. Der ursprünglich auch strafrechtlich relevante Vorwurf der Leichenschändung wird womöglich nicht weiter verfolgt, weil es sich um ein Knochenfeld und nicht um einen wirklichen Friedhof gehandelt hatte. Raabe verwies darauf, dass es neben den Ermittlungen der Staatsanwaltschaften auch die internen Untersuchungen des Ministeriums gebe. Dabei gehe es auch um eine mögliche Schädigung des Ansehens der Bundeswehr. Nach Angaben des Bundesjustizministeriums könnte es bei den Staatsanwaltschaften auch um eine Störung der Totenruhe gehen.

Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung vom Montag unter Berufung auf eine Unterrichtung des Bundestags-Verteidigungsausschusses durch das Verteidigungsministerium über das Wissen der Vorgesetzten berichtet. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Ulrike Merten (SPD), forderte deshalb Konsequenzen für die Ausbildung von Vorgesetzten. "Bei der Bewertung der Schädel-Bilder darf nicht alles bei den jungen Soldaten abgeladen werden", sagte sie. Auch in den Köpfen der Vorgesetzten und Offiziere müsse sich etwas ändern: "Sie haben eine besondere Verantwortung bei der Dienstaufsicht, vor allem im Auslandseinsatz." (tso/AFP)

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