zum Hauptinhalt
197749_0_048b3cfa

© AFP

Bundeswehr: Streit über die Moral der Truppe

Nach dem Besuch von Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) am Hindukusch und einer Nato-Anfrage für die Entsendung einer Kampfeinheit in den Norden des Landes mehren sich die kritischen Stimmen am deutschen Afghanistaneinsatz.

Berlin - Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe (SPD) monierte bei einem Forum der Friedrich- Ebert-Stiftung am Mittwochabend vor allem die schlechte Ausrüstung der im Norden des Landes eingesetzten Bundeswehrsoldaten. So fehle es an gepanzerten Fahrzeugen, die mehr Sicherheit bringen könnten. Zudem gebe es Probleme bei der Lieferung von Ersatzteilen. Auch sei die Fahrerausbildung für die Soldaten unzureichend, was in dem oft schwer zugänglichen Gelände die Gefahr von Unfällen mit sich bringe. Ein Kritikpunkt mag angesichts bevorstehender Kampfeinsätze möglicherweise noch gravierender erscheinen: Laut Robbe stellen immer mehr Soldaten den Sinn der Afghanistanmission infrage.

Die Bundestagsabgeordnete Ulrike Merten (SPD) hat dagegen nichts von einer geknickten Moral in Afghanistan bemerkt. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses hat Jung bei seiner Reise an den Hindukusch begleitet und dabei mit zahlreichen deutschen Soldaten in Kabul, Masar-i-Scharif und Kundus gesprochen – oft unter vier Augen und in Abwesenheit des Ministers, wie Merten betont. „In den Einsatzgebieten wird die hierzulande sehr kritische Einschätzung nicht geteilt“, sagte die Abgeordnete dem Tagesspiegel. Vor allem mit Blick auf unzureichendes Material habe sie von den Soldaten „keine dezidierte Kritik“ oder Äußerungen über „generelle Mängel“ gehört. Allerdings gab Merten zu, dass der Einsatz in Afghanistan mit seinen zum Teil sehr unterschiedlichen geografischen Gegebenheiten die Bundeswehr mitunter vor Herausforderungen stelle: „Das ist eine unwahrscheinliche Belastung für das Material.“

Winfried Nachtwei, Verteidigungsexperte der Grünen, hält Offenheit in Sachen Ausstattung der Bundeswehrsoldaten am Hindukusch für angemessen. „Man muss die Defizite benennen und dringend beseitigen“, fordert er. Allerdings dürften Entscheidungen über zusätzliche Aufträge in Afghanistan wie der Einsatz einer deutschen Kampftruppe nicht für den Ruf nach mehr Geld instrumentalisiert werden. Zudem müsse sich die Öffentlichkeit in Zukunft auch mit der Frage beschäftigen, ob deutsche Zivilisten in Afghanistan genügend geschützt seien. In der aktuellen Debatte stehe der Schutz der Bundeswehrsoldaten zu sehr im Vordergrund, sagte Nachtwei. Eine Anmerkung, die angesichts der Sicherheitslage am Hindukusch durchaus bedenkenswert scheint: Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul wurden am Donnerstag drei Zivilisten schwer verletzt, einer kam ums Leben. In der Provinz Helmand starb der stellvertretende Gouverneur der Provinz bei einem Selbstmordattentat.

Zur Startseite