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Politik: Bundeswehr verschaffte Firmen Vorteile

Verteidigungsministerium schrieb mindestens 18 Beraterverträge nicht aus / Großteil aus Scharpings Amtszeit

Von
  • Robert Birnbaum
  • Antje Sirleschtov

Berlin. Bei der Modernisierung der Bundeswehr sind bis ins Jahr 2002 hinein die Vergaberegeln für Berater- und Dienstleistungsverträge massiv ignoriert worden. Dies geht aus einem internen Prüfbericht des Verteidigungsministeriums hervor, der dem Tagesspiegel vorliegt. Nach dem Vermerk vom Oktober 2003 gab es bei 23 geprüften Verträgen keine einzige Ausschreibung, bei 18 der Verträge wurde nur ein Anbieter gefragt. Dadurch sei eine „Monopolstellung einzelner Firmen“ entstanden, die nach dem Eindruck der Prüfer zu möglicherweise stark überhöhten Kosten führte. Der Großteil der Verträge datiert aus der Ära Rudolf Scharping.

Von Robert Birnbaum

und Antje Sirleschtov

In dem Vermerk, der eine schon seit Dezember 2002 laufende interne Revision zusammenfasst, heißt es, entgegen ausdrücklicher Festlegung in den Vergaberegeln sei die freihändige Vergabe bei Verträgen zur Rationalisierung der Armee „zur Regel gemacht“ worden. Die zusammen rund 20,4 Millionen Euro seien durchweg ohne Ausschreibung, der Großteil – 16,3 Millionen – sogar vergeben worden, „ohne auch nur von einem anderen Bieter (…) ein Angebot eingeholt zu haben“. Als Grund sei fast immer Eilbedürftigkeit genannt worden, die aber aus den Verträgen nicht ersichtlich sei, etwa durch Fristsetzungen. Als Folge dieser Praxis sei eine „Monopolstellung einzelner Firmen geschaffen“ worden. In dem Vermerk wird vermutet, dass dies zu überhöhten Preisen bei geringer Gegenleistung geführt habe.

Im Verteidigungsministerium wird darauf hingewiesen, dass von den 23 Verträgen bis auf fünf alle aus der Ära Scharping stammen. Dessen Nachfolger Peter Struck habe intern bereits frühzeitig zu strikter Beachtung der Vergaberegeln aufgerufen und nach Vorliegen des Prüfvermerks rasch reagiert.

Struck legte am Mittwoch dem Verteidigungsausschuss des Bundestages einen Bericht über den umstrittenen Großauftrag über 10,7 Millionen Euro vor, der unter seinem Vorgänger Scharping mit der Unternehmensberatung Roland Berger geschlossen worden war. In dem Bericht wird die freihändige Vergabe des ersten Vertrags vom August 2001 als „zulässig“ gewertet; die insgesamt neun Änderungsverträge werden als reine Folge-Aufträge eingestuft. Gegen die Stimmen der Opposition fasste der Ausschuss einen Beschluss, in dem es heißt, der Ausschuss gehe davon aus, dass das Ministerium „die Beachtung des Vergaberechts künftig in allen Fällen zweifellos sicherstellt“. Der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Christian Schmidt, nannte den Bericht unbefriedigend. Er werfe mehr Fragen auf als er beantworte, sagte der CSU-Politiker dem Tagesspiegel. Die Opposition wolle nun alle Verträge mit Berger prüfen lassen.

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