zum Hauptinhalt
David Hallbauer war einer der ersten Soldaten im Kosovo, hier das Logo des aktuellen KFOR-Einsatzes.

© Picture Alliance / DPA

Bundeswehr: Viele Kriegsveteranen leiden – ein Soldat erzählt

Soldaten sind nach dem Einsatz oft traumatisiert und fühlen sich im Stich gelassen. Kosovo-Veteran David Hallbauer berichtet von seinen Erfahrungen.

1999 war er unter den ersten deutschen Soldaten im Kosovo. Schon am ersten Tag geriet er zwischen die Fronten, als sich Kosovo-Albaner und Serben in Prizren Gefechte lieferten. David Hallbauer wurde in die Schutzweste getroffen, ein Kamerad verletzt. Nach der Rückkehr aus dem Einsatz litt er unter Schlafstörungen und Blutdruckschwankungen. An eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) dachte niemand, es dauerte Jahre, bis Hallbauer richtig behandelt wurde. Inzwischen hat er zehn Jahre Therapie hinter sich, doch gesund ist er noch immer nicht.

Schlimm wurde es, als 2009 sein Vertrag als Zeitsoldat endete. „Da musste ich selber sehen, wie ich klarkomme“, sagt Hallbauer. Er versuchte, sein Abitur nachzuholen, doch im Hörsaal verschlimmerten sich die Symptome, „weil ich da nicht wegkonnte“, wie er sagt. Eine Ausbildung zum Erzieher schloss er ab, doch Aggressionsschübe machten auch diesen Berufswunsch zunichte. Er stand vor dem Nichts, nur ein Umzug bewahrte ihn und seine Familie vor der Sozialhilfe. Denn die Unterstützung versehrter ehemaliger Zeitsoldaten ist Ländersache und Niedersachsen sprach ihm im Gegensatz zu Sachsen Berufsschadensausgleich zu.

Eine Perspektive bekam Hallbauer erst durch das Einsatzversorgungsverbesserungsgesetz von 2011, das Soldaten wie ihm die Möglichkeit gibt, zur Bundeswehr zurückzukehren. Eine Vorläuferregelung von 2007 berücksichtigte nur Einsatzschäden seit Dezember 2002, wohl in der Annahme, dass Soldaten erst in Afghanistan traumatische Einsatzerfahrungen gemacht haben. Tatsächlich war aber auch die Frühphase des Kosovo-Einsatzes sehr belastend für die Soldaten. Teilweise gerieten sie wie Hallbauer in Gefechte zwischen Serben und Kosovo-Albanern, teilweise wurden sie Zeugen von Blutracheakten oder der Öffnung von Massengräbern.

Nicht zuletzt auf Drängen des von ehemaligen Einsatzsoldaten gegründeten Bundes Deutscher Veteranen wurde der für eine Wiedereinstellung relevante Stichtag von Einsatzschäden schließlich auf den ersten Auslandseinsatz der Bundeswehr zurückdatiert: die Beteiligung deutscher Bundeswehrärzte und Sanitäter am UN-Einsatz 1992 in Kambodscha.

62 Soldatinnen und Soldaten haben inzwischen davon Gebrauch gemacht, die meisten haben psychische Erkrankungen. Seit Juli 2012 trägt auch Hallbauer wieder Uniform. „Ich kann mich nun auf die medizinische Behandlung konzentrieren, ohne mir Gedanken um die Existenz meiner Familie machen zu müssen“, sagt er – 14 Jahre nach seinem Einsatz.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false