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 Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) strebt eine Sicherheitspolitik ohne Zwänge und Tabus an.

© dpa

Bundeswehr-Weißbuch: Ursula von der Leyen will Verhältnis zu Russland neu definieren

Russland - Freund oder Feind? Im letzten Weißbuch von 2006 war Russland noch ein "herausgehobener Partner". Und jetzt? Nach der Krim-Annexion? Und der Ukraine-Krise? Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will das Verhältnis neu definieren.

Von Michael Schmidt

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat den Startschuss zur Ausarbeitung einer neuen Sicherheitsstrategie gegeben, mit der auch das Verhältnis zu Russland neu definiert werden soll. Russlands Vorgehen in der Ukraine verändere die Sicherheitsarchitektur in Europa grundlegend, sagte die Ministerin am Dienstag in Berlin bei der Auftaktveranstaltung zur Erstellung eines neuen Weißbuchs der Bundesregierung zur Sicherheitspolitik.
Deutschland müsse eine angemessene Antwort auf die Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin finden und dürfe sich dabei keinen Illusionen hingeben. "Die neue Politik des Kreml hat schon lange vor der Ukraine-Krise begonnen und wird uns noch sehr, sehr lange beschäftigen", warnte von der Leyen.

Das Weißbuch werde sich daher unter anderem mit der angemessenen Reaktion auf den Versuch Russlands befassen, "geostrategische Machtpolitik und militärische Gewalt als Form der Interessensdurchsetzung zu etablieren, wir müssen fast sagen zu re-etablieren", sagte die Ministerin. Es gehe darum, wie der Westen dem russischen Vorstoß begegne, international vereinbarte Regeln und verbrieftes Recht durch Dominanz und Einflusszonen zu ersetzen. Dabei spiele es auch eine Rolle, wie irgendwann wieder ein Weg zu einer verlässlichen Nachbarschaft mit Russland möglich sein werde.

Im letzten Weißbuch von 2006 war Russland noch als "herausgehobener Partner" bezeichnet worden, mit dem eine engere Kooperation sowohl in der Europäischen Union (EU) als auch in der Nato angestrebt werde. Dies ist in der neuen Strategie nicht mehr zu erwarten. Schon beim Nato-Gipfel im September in Wales drehte sich die Debatte weitgehend darum, ob Russland eher als Gegner oder gar als Feind zu betrachten sei. Für die Bundeswehr bedeutet dies, dass sich ihr Augenmerk künftig nicht mehr allein auf die Auslandseinsätze richten dürfte, sondern wieder verstärkt auf die Verteidigung des Nato-Territoriums. In der Truppe macht sich diese Trendwende schon seit einiger Zeit bemerkbar. Längst fangen deutsche Kampfjets an den Nato-Grenzen wieder russische Flugzeuge ab, und auch an der gegen Russland gerichteten neuen schnellen Eingreiftruppe der Nato ist Deutschland dieses Jahr maßgeblich beteiligt.

Bartels (SPD): Russland Konfrontationspolitik stärkt Stellenwert der Bündnisverteidigung

Für den designierten neuen Wehrbeauftragten des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), führt Russlands Verhalten in jüngster Vergangenheit zu einer Aufwertung der Landes- und Bündnisverteidigung gegenüber der zuletzt besonders wichtig genommenen Fähigkeit schneller Kriseninterventionen weltweit. "Mit der neuen Konfrontationspolitik Russlands bekommt für Nato, EU und Bundeswehr der Aspekt ,Bündnisverteidigung in Europa' einen neuen Stellenwert", sagte Bartels dem Tagesspiegel. Das ist etwas anderes als die ,out-of-area'-Einsätze der vergangenen zwei Jahrzehnte."

Brugger (Grüne) mahnt Wiederannäherungauf gemeinsamer Wertebasis an

Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Agnieszka Brugger, findet ein neues Weißbuch überfällig, warnte aber vor einem konfrontativen Umgang mit Russland. "Das neue Weißbuch, das vielmehr eine Friedens- und Sicherheitsstrategie sein muss, ist nicht nur vor dem Hintergrund der zahlreichen Krisen auf der Welt längst überfällig, sondern hätte am Beginn der Bundeswehrreform stehen müssen", sagte Brugger dem Tagesspiegel. Es sollte klar dem Primat des Zivilen folgen und die zivile Krisenprävention, das Konfliktmanagement und die Friedenskonsolidierung in den Mittelpunkt des sicherheitspolitischen Engagements Deutschlands stellen." Seit dem letzten Weißbuch habe sich die sicherheitspolitische Lage in Europa leider verändert, führte Brugger im Weiteren aus: "Wenn Russland seinen Kurs ändert, muss es auf der Basis von gemeinsamen Werten und Regeln das Ziel sein, zu der gemeinsamen europäischen Friedensordnung zurückzukehren und sie kooperativ weiterzuentwickeln." mit Reuters

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