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Bundeswehreinsatz im Inneren: Steinmeiers Flop

Die SPD-Fraktion sperrt sich gegen den Koalitionsbeschluss zu Bundeswehreinsätzen im Inneren – und brüskiert damit die eigene Führung. Der Fall beschädigt die Autorität Steinmeiers.

Berlin - Da saßen sie zusammen Dienstag früh, die Innenpolitiker der SPD, und schäumten. Geschlossen votierte die Runde gegen den Beschluss des Koalitionsausschusses zur Luftsicherheit. 13 zu null soll es ausgegangen sein. Einen Einsatz der Bundeswehr im Inneren, so weitgehend, wie ihn der Ausschuss beschlossen habe, gebe es „in keinem Fall“. Der Plan, die Verfassung in diesem Sinne zu ändern, erläuterte in der SPD-Fraktionssitzung dann deren Chef Peter Struck, finde „keine Mehrheit in der Fraktion“. Das werde er, Struck, auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) so mitteilen.

Schäuble indes war es gar nicht, dem die Kampfansage der Genossen galt. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hatte bei der Themensetzung des Koalitionsausschusses Regie geführt und so den Plan in Absprache mit Bundesjustizministerin Brigitte Zypries und der Union ausbaldowert; leider ohne mit den Fachleuten seiner Fraktion Rücksprache zu halten. Die Genossen wüten nun – und zeigen der neuen Führungskraft, wie sie mit politischen Alleingängen umzugehen pflegen. Der Fall beschädigt die Autorität Steinmeiers. Und die Union reagiert entsprechend: Offenbar könne sich Steinmeier „in der eigenen Fraktion nicht durchsetzen“, stichelte Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach.

Dabei haben sich die Genossen eigentlich mit ihrer Linie durchgesetzt. Seit das Bundesverfassungsgericht das rot-grüne Luftsicherheitsgesetz gekippt hatte, ringen Union und SPD um den Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Schäuble fordert, die Definition des Kriegsfalles im Grundgesetz Artikel 87a um den Terroranschlag zu erweitern. Die SPD wollte Artikel 35 ändern. Darin ist die Möglichkeit der Amtshilfe für die Polizei durch die Bundeswehr festgeschrieben, als nicht- militärische. Mit der Änderung sollte auch militärischen Mitteln der verfassungsmäßige Weg eröffnet werden.

Und genau das hat der Koalitionsausschuss beschlossen. Allerdings ließ Schäuble den Weg etwas breiter ausbauen, als den Genossen lieb sein kann. Sie hadern jetzt mit den Formulierungen. Erstens prinzipiell, weil sie aus dem Hause Schäuble kommen. Und zweitens, weil das Bundesinnenministerium „besonders schwere Unglücksfälle“ als auslösendes Moment definiert hat. Eine rechtsstaatlich saubere Vorschrift müsse konkrete Gefahrensituationen benennen, fordert die SPD. Der jetzige Vorschlag aber sei „eine völlige Öffnung des Bundeswehreinsatzes im Inneren“. Die Einsätze sollten auf die Abwehr von Angriffen aus der Luft oder von See beschränkt werden.

Vor allem aber sind die Genossen sauer auf Steinmeier. „Missmanagement“ ist noch eines der netteren Worte, die da fallen. „Kommunikationsdesaster“, „Fehlverhalten“, „sensationell idiotisch“ gehören auch zum Repertoire, das auf den Kanzlerkandidaten angewandt wird.

Die SPD will jetzt eine Arbeitsgruppe einrichten – pikanterweise unter Struck und Zypries, die den Coup mit zu verantworten haben – und einen neuen Formulierungsvorschlag erarbeiten. Dabei liegt von den SPD-Fachleuten schon seit zwei Jahren ein Entwurf vor – nur ist die Neufassung des Artikels 35 darin enger gefasst als im Schäuble-Entwurf.

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