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Bundeswehreinsatz: Tornados für ganz Afghanistan

Bei einem Überraschungsbesuch in Kabul machte Verteidigungsminister Jung den neuen Charakter der geplanten Tornado-Mission der Bundeswehr deutlich. Die Entscheidung über den Einsatz fällt der Bundestag am Mittwoch.

Kabul/Berlin - Die Bundesregierung will den deutschen Tornado-Einsatz in Afghanistan nicht auf den umkämpften Süden beschränken, sondern zur Unterstützung der Nato für das ganze Land ermöglichen. Bei einem Überraschungsbesuch in Kabul sagte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU): "Der Tornado kann das gesamte Land aufklären. Wir haben (im Osten und Süden Afghanistans) einen Grenzbereich zu Pakistan, der kritisch ist, mit 2400 Kilometern." Die Nato-Bitte an Deutschland laute, eine Lücke in der Aufklärungsfähigkeit zu schließen.

An diesem Mittwoch entscheidet das Bundeskabinett über die Entsendung der Jagdbomber, zu deren Spezialfähigkeit die Luftaufklärung aus großen Höhen und Entfernungen gehört. Es wird mit Zustimmung des Kabinetts gerechnet. Die endgültige Entscheidung trifft der Bundestag Anfang März. Sollte das Parlament grünes Licht geben, könnten die Tornados Mitte April in Afghanistan sein. Abgeordnete aller Fraktionen haben allerdings Bedenken geäußert.

Die CSU-Landesgruppe im Bundestag forderte weitere Aufklärung durch die Regierung. Der CSU-Außenexperte Thomas Silberhorn sagte im Saarländischen Rundfunk: "Wir werden die Frage stellen, welche militärischen Operationen als Konsequenz eines Tornado-Einsatzes zu erwarten sind." Der Verteidigungsexperte der Unionsfraktion, Bernd Siebert (CDU), sagte der "Welt": "Wenn etwas aufgeklärt wird, was zu bekämpfen ist, dann wird es bekämpft." Damit habe der Tornado-Einsatz eine "andere Qualität" als der bisherige Bundeswehr- Einsatz. Siebert ist für die Tornado-Entsendung.

Kein Fraktionszwang bei Abstimmung

Unionsfraktionschef Volker Kauder kündigte wie zuvor sein SPD-Amtskollege Peter Struck an, die Entscheidung werde nicht unter Fraktionszwang gestellt. Er werde abweichende Voten respektieren, rechne aber mit einer breiten Mehrheit für den Antrag der Regierung, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Nach zwei Meinungsumfragen ist die große Mehrheit in Deutschland (77 bzw 78 Prozent) gegen den Tornado-Einsatz. Der Linksfraktionsabgeordnete Paul Schäfer sagte, die große Koalition solle den Willen von drei Viertel der Bevölkerung respektieren.

Demokratie braucht Sicherheit

"Aufklärung dient vorrangig dem Schutz", sagte Jung. Sie trage auch dazu bei, "terroristische Angriffe zurückzuweisen". Die Taliban hätten eine Frühjahrsoffensive mit 2000 Selbstmordattentätern angekündigt. Dagegen müsse die Nato "abwehrbereit" sein. Der Demokratieprozess werde nur erfolgreich sein, "wenn wir militärische Sicherheit herstellen und den Wiederaufbau vorantreiben".

Bisher war es in der Debatte ausschließlich um die Unterstützung der Internationalen Schutztruppe Isaf im umkämpften Süden gegangen. Jung sagte, auch im Norden, wo die Bundeswehr ihren Einsatzschwerpunkt hat, gebe es "Bedrohungslagen". Im Süden und Osten, wo radikal-islamische Rebellen wie die Taliban besonders aktiv sind, sei die Sicherheitslage aber eine größere Herausforderung.

Nato in der Offensive

Nach einem Gespräch mit dem Nationalen Sicherheitsberater Salmai Rasul sagte Jung, auch in Kabul würden die Aufklärungsflugzeuge "als zusätzlicher Schutz wahrgenommen". Rasul betonte: "Die Nato und die afghanischen Truppen werden in diesem Jahr in der Offensive sein, nicht die Taliban." 2007 werde ein "Wendejahr" im Kampf gegen die Aufständischen in Afghanistan. Für eine bessere Aufklärung würden die Tornados benötigt. Bundeswehrverbandschef Bernhard Gertz sagte der "Welt", durch die Tornados sei es möglich, präziser zwischen Bewegungen von Terroristen und Zivilisten zu unterscheiden. "Wenn ein Beitrag geleistet werden kann, dass die so genannten Kollateralschäden zurückgehen, dann macht der Beitrag durchaus Sinn." (tso/dpa)

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