zum Hauptinhalt

Politik: Bush-Berater: Wir sind jetzt gute Multilateralisten

Die US-Regierung erwartet weniger Terror im Irak und warnt vor der Last eines ständigen Sitzes im Sicherheitsrat

Berlin - Die US-Regierung sieht ihre Irakpolitik heute „embedded“ (eingebettet) in einen internationalen Konsens, erwartet im Falle eines Machtwechsels im Weißen Haus keine andere Außenpolitik unter einem Präsidenten Kerry und prophezeit Deutschland viele unangenehme Überraschungen, falls es einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat erhält. „Wer eine Rolle in der Welt spielen will, dem bringt jeder Tag unerwartete Stinkbomben“, sagte ein hoher Vertreter der BushRegierung dem Tagesspiegel. Im Irak seien die Forderungen der Kriegsgegner, wie das UN-Mandat und eine Regierung mit irakischem Gesicht inzwischen erfüllt. „Wir sind jetzt gute Multilateralisten“, sagte der hohe Beamte auf die Frage, ob Bush eine Lektion gelernt habe. „In Amerika gibt es heute großen Konsens, dass Multilateralismus gut ist.“ Das habe vor allem mit der Modernisierung internationaler Institutionen wie der Nato zu tun. „Die waren 2001 weder mental noch von ihren Aktionsmöglichkeiten auf die neue Herausforderung des Terrors vorbereitet.“

In Amerika herrschte nach den Anschlägen vom 11. September „Notstandsstimmung“. „Amerika kann in dem Maße multilateral agieren, in dem internationale Organisationen handlungsfähig sind.“ Die Nato habe im Juni beschlossen, nicht nur irakische Polizei im Ausland auszubilden, sondern auch eine Rolle im Irak zu spielen.

Jetzt bestünden gute Chancen, den Terror im Land allmählich zu marginalisieren. Im Vergleich zum Frühjahr sei der Kreis offener Gegner kleiner geworden. Der radikale Schiit al Sadr zum Beispiel schweige.

Eine Bilanz der Demokratisierung werde man jedoch erst in zwei oder fünf Jahren ziehen können. „Auch Ronald Reagan galt in den 80er Jahren als Kriegstreiber, aber im Rückblick als Friedensbringer, weil er zum Zusammenbruch des Ostblocks beitrug.“

Die deutsch-amerikanischen Beziehungen nannte der hohe Bush-Vertreter „viel besser als noch vor Monaten. Joschka Fischer unterstützt das Konzept der Modernisierung der arabischen Welt. Er sieht die Gefahr des neuen Totalitarismus.“

Zur Debatte um einen ständigen Sitz Deutschlands im UN-Sicherheitsrat sagte der hohe Beamte, der Wunsch der Bundesregierung nach einer stärkeren Rolle in der Welt sei „angemessen und verständlich“. Wer Weltpolitik machen wolle, „darf aber nicht erschrecken, wie hässlich die Welt da draußen ist. Der wird jeden Tag zu harten Entscheidungen gezwungen und stets doppelt kritisiert – dass er entweder zu wenig tue oder zu oft interveniere.“

Deutschland sei „ein reiches und leistungsfähiges Land und würde als Sicherheitsratsmitglied auch militärisch mehr tun müssen“. Entscheidend sei, „dass wir zusammenstehen. Wenn wir uns nicht einigen, kostet das anderswo Menschenleben“. Zum Beispiel in Sudan. „Es ist auch eine Folge des Irak-Streits, dass die Vereinten Nationen bisher keine harten Reaktionen auf den Völkermord in Sudan beschlossen haben.“

Zur Startseite